Full text: Geschichte des Elsasses von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart.

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wo er bestimmte Vorbilder gehabt hat, denen er die wesentlichen 
Motive, ja selbst die Ausdrucke entlehnt. Die Erfindung gehört oft 
ganz dem Vorgänger, aber was die Erfindung werth war, ersieht 
man erst aus dem, was Brülow damit anfängt. Wie weiß er Licht 
und Schatten zu vertheilen, wie weih er die Aufmerksamkeit auf einen 
Punct zu heften, wie weiß er Spannung zu erregen, wie weiß er 
den Dialog zu führen, besonders in leidenschaftlicher Erregung, 
wo die streitenden Theile sich Satz um Satz in kurzer Wechselrede 
zuwerfen. 
Er arbeitet den schlagenden Effect mit gleicher Sicherheit im 
Tragischen, wie im Komischen heraus. Denn die Einmischung komi- 
scher Nebenfiguren und Scenen in die ernsteste Handlung findet sich 
mehrfach: theils sind es Bauern, theils Teufel, theils Wahrfager und 
Hexen, welche dazu dienen. 
Hierin wie in dem Geiste seines Schaffens überhaupt erscheint 
uns Brülow ganz modern, und er ist sich dessen vollkommen bewußt. 
„Unser Publicum mag keine Erzählungen und Berichte — sagt er —, 
es will Alles mit eignen Augen sehen, wir müssen seine Schaulust 
befriedigen: wie sollten wir also die Gesetze des antiken Dramas 
befolgen?" Darum hat schon seine Sprache, so vielfach theils der 
Ton des römischen Lustspiels, theils der Ton der griechischen Tra- 
gödie anklingt, doch in ihrem Grunde ein ganz modernes Gepräge. 
Aus der antiken Technik nimmt Brülow nur was ihm paßt: er 
nimmt die Sentenzen, er nimmt die kurze Wechselrede, er nimmt den 
Chor. Aber letztern meist ganz äußerlich zur Bezeichnung des Act- 
schlusses und ohne besondere Sorgfalt darauf zu verwenden. Der 
Text ist einfach und ziemlich inhaltslos, Hauptsache war der mehr- 
stimmige Gesang, der meist von Thomas Walliser (S. 240) herrührte. 
Brülows geschickter Scenenbau, seine echt dramatische Sprache, 
sein lebhafter Diatog drängt sich der Beobachtung mehr auf, als 
seine Charakteristik, die er gleichwol nicht vernachlässigt. Schon in 
seinem ersten Stück z. B. finden wir die sanfte ahnungsvolle lieb- 
reiche und opferwillige Andromeda sehr gut kontrastirt gegen ihre
	        
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