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pathien für das deutsche Reich zu vertilgen. Immerhin aber wurde
der Krieg für das zwischen Lothringen und Oesterreich eingeklemmte
Elsaß doppelt verderblich. In diesen Kriegsjahren war es, we Frank-
reich die deutschen Bürger der zehn Reichsstädte nicht bloß an den An-
blick der französischen Garnisonen, sondern auch an die Befehle
seiner Gouvemeure gewöhnte. Der Krieg wurde zu einer Schule
des staatlichen Lebens und der vorherrschend militärischen Ideen im
Sinne des französischen Königthums. Die Opposition, die noch vor
dem holländischen Kricge in den Städten des Elsaß gegen die fran-
zösische Herrschaft sich eifrig geregt hatte, verstummte seit demselben
mehr und mehr und die Söhne der alten Reichsbürger, welche wider-
strebend das französische Joch ertrugen, hatten nicht mehr viel ein-
zuwenden, daß der mächtige König von Frankreich der oberste Herr
ihrer Städte sei.
Nur Straßburg hatte noch einmal die ganze Qual eines Zu-
standes, der den Schwachen zum Spielball der Starken und Ge-
waltigen machte, zu durchleben, eines Zustandes, welcher im dreißig-
jährigen Kriege schon in voller Unhaltbarkeit zu Tage getreten und
jetzt sich schlimmer wiederholte. So lange Friede herrschte, hatten
die Franzosen die traditionelle Politik listiger Schmeicheleien gegen-
über dem Stadtrath und Bürgern von Straßburg mit gutem Er-
folge fortgesetzt. Als Ludwig XIV. bald nach dem Abschlusse des
westphälischen Friedens nach Metz kam, ließ er den Straßburgern
Nachricht von seinem sehnlichen Wunsche geben, Abgeordnete der
Stadt bei sich zu sehn, und als der Rath vier Abgesandte nach
Metz schickte, um den glorificirten König zu begrüßen, und nicht
weniger als fünf Ergebenheitsadressen durch dieselben überreichen
ließ, eine an den König, eine an die Königin, eine an den Herzog
von Anjon, eine an den Cardinal Mazarin und eine an die übrigen
Minister des Königs, — alle voll der kläglichsten Schmeicheleien
französischen Stils, wie sie die tapfere Reichsstadt in ihrer deutschen
Muttersprache nie einem deutschen Kaiser in allen Jahrhunderten
ihres Bestandes zu heucheln genöthigt worden ist — erhielten die