408
Im Jahre 3787 wurden in Folge der Beschlüsse der Pariser
Notabelnversammlung die Provinzialstände berufen. Es war
eine Maßregel, welche im Elsaß volles Verständnis und aufrichtigen
Dank fand, und besonders war man erfreut, daß die städtischen
Vertreter vermehrt und der neue Landtag zu gleichen Theilen aus
Adel und Geistlichkeit einerseits und aus Bürgern andererseits zu-
sammengesetzt wurde. In dieser den individuellen Verhältnissen der
Provinz entsprechenden Versammlung ertlickte man eine hoffnungs-
reiche Institution, an der sich die besten Kräfte des Elsasses bethei-
ligten. Hier waren die gesetzlichen Vertreter des Landes zu einer
vollkommneren Form der Berathungen gelangt, hier konnten die
deutschen Sonderinteressen einen unverfälschten Ausdruck finden. Die
Reform hätte, wenn es nach dem Sinne der Elsässer gegangen wäre,
hier ihr Ende haben können, ohne daß man geahnt hätte, daß das
große französische Reich ven ganz anderen Leidenschaften und An-
trieben erfüllt war.
Es war gleichsam eine fremde Welt, in welche die Elsässer ein-
traten, als der König die Reichsstände im Jahre 1789 berief.
Zum erstenmale kamen die Deputirten des deutschen Landes in die
Metropole, um an den Berathungen über das gesammte Reich theil-
zunehmen. Es war unverkennbar, daß sich das Elsaß in die neue
Lage nicht leicht zu schicken wußte.
Auf das Elsaß entfielen nach dem Wahlgesetze vom 24. Ja-
nuar sechs Deputirte vom Adel, sechs ven der Geistlichkeit und zwölf
von den Städten. Das wichtigste war, daß die Vertreter des Landes
von den Wählern mit sogenannten Beschwerdeheften versehen
werden durften, welche die Wünsche der Bevölkerung enthielten und
den Abgeordneten zur Richtschnur ihres Handelns dienen sollten.
Aus diesen Beschwerdeheften ist man am besten in der Lage zu er-
sehen, welches die vorherrschende politische Ueberzeugung im Elsaß
war, als die Revolutien ihr Haupt erhob. So mannigfach nun
auch der Inhalt dieser Instructionen für die Landesvertreter war, so
ist doch kein Zweifel, daß dieselben im ganzen einen conservativen