464 Die Vorbereitungen für den Angriff im Westen 1918
stehenden Geschütze und ihre freiliegende Munition wären zusammen-
geschossen worden. Auch ein Einschießen, wie wir es früher hatten, war
nicht möglich; die Aufmerksamkeit des Feindes wäre erregt und der Ar-
tilleriekampf vor der Schlacht in einer für uns ungünstigen Lage ent-
fesselt worden.
Es mußte daher ein Verfahren gefunden werden, das diesen Ver-
hältnissen Rechnung trug und der Artillerie ohne vorheriges Einschießen
ausgiebige Wirkung sicherte. Wir hatten schon in den Abwehrschlachten
uns bemüht, das fortwährende Nachprüfen der Lage des Sperrfeuers ent-
behrlich zu machen. Die Tageseinflüsse (Wind, Luftgewicht) sowie die be-
sonderen Einflüsse der Geschütze (Größe der Verbrennungsräume und son-
stiger Zustand von Rohr und Lafette) wurden dauernd ermittelt und beim
Schießen verwertet. Dieses Verfahren bauten wir jetzt auf das sorg-
fältigste aus. Der artilleristische Wetterdienst wurde einheitlich im Verein
mit dem Kommandierenden General der Luftstreitkräfte geregelt. Allen
Batterien konnten so schnellstens die Tageseinflüsse zugehen. Sämtliche
Geschütze erschossen hinter der Front ihre besonderen Einflüsse. So war
es möglich, mit Hilfe einfacher Tabellen für jedes Geschütz jederzeit zu
ermitteln, wieviel Mehr= oder Minderbedarf es gegenüber der normalen
Erhöhung für ein beliebiges Ziel bedurfte. Voraussetzung war natürlich
hierfür, daß die Entfernungen zu den Zielen einwandfrei gemessen wurden.
Fehlerfreies Planmaterial sowie trigonometrische und topographische Fest-
legung aller Batterie-Nullpunkte im Gelände und eine möglichst richtige
Eintragung aller Ziele in die Pläne auf Grund der Bilderkundung und
der Ergebnisse der Schall= und Lichtmeßtrupps waren Vorbedingung.
Alles das war eine gewaltige Arbeit. Das neue Verfahren stieß nament-
lich bei alten Artilleristen auf starken Widerspruch. Trotzdem mußte es
angewendet werden und hat sich voll bewährt.
Die Ausbildung und Belehrung der Truppen für das Verfahren war
in die Hände des Hauptmanns Pulkowski gelegt, der seine Aufgabe mit
großem Eifer und Geschick gelöst hat.
Die Wirkung der Artillerie sollte auf die nächsten Entfernungen durch
Minenwerfer ergänzt werden.
Die Oberste Heeresleitung beabsichtigte, nach einem kurzen, nur
wenige Stunden anhaltenden Artilleriefeuer die Infanterie, die in den
vordersten Stellungen bereitgehalten wurde, zum Sturm antreten zu lassen.
Dieses kurze, gewaltige Feuer mußte die feindliche Artillerie durch
Gas, das sich über breite Flächen verteilte, lähmen und die feindliche In-
fanterie in ihre Deckungen bannen.
Mit dem Beginn der Infanterieangriffe sollte sich das Artilleriefeuer
unter weiterer Niederhaltung der feindlichen Artillerie vor unsere Infan-