Full text: Urkunden der Obersten Heeresleitung über ihre Tätigkeit 1916/18

Der Friedensvorschlag des Papstes. — Die englische Antwort 425 
  
  
Allein ein friedliches Abkommen mit den unendlichen Vorteilen, die daraus 
folgen, ist unmöglich ohne gegenseitige Rückerstattung der augenblicklich 
besetzten Gebiete. Daher müßte von deutscher Seite Belgien vollständig ge- 
räumt, es müßte eine Bürgschaft festgestellt werden für dessen volle politische, mili- 
tärische und wirtschaftliche Unabhängigkeit von welcher Macht immer. Desgleichen 
hätte die Räumung des französischen Gebietes, von seiten der anderen kriegführenden 
Mächte eine ähnliche Rückerstattung der deutschen Kolonien zu erfolgen. 
Was strittige Gebietsfragen angeht, wie beispielsweise die zwischen 
Italien und Österreich, zwischen Deutschland und Frankreich erörterten, so darf man 
hoffen, daß in Anbetracht der unermeßlichen Segnungen eines Friedens, dessen Dauer- 
bestand durch die Abrüstung verbürgt würde, die streitenden Parteien ihre Ansprüche 
in versöhnlichem Geist prüfen werden, indem, wie wir an anderer Stelle sagten, die 
Wünsche der Völker (les aspirations des peuples) nach Maßgabe des Gerechten und 
Möglichen Berücksichtigung finden und indem man gelegentlich Sonderinteressen mit 
dem Allgemeinwohl der großen menschlichen Gesellschaft in Einklang bringt. 
Der nämliche Geist der Billigkeit und Gerechtigkeit muß leitend sein bei der Er- 
wägung anderer territorialer und politischer Fragen, zumal jener, die sich auf Arme- 
nien, auf die Balkanstaaten und auf jene Länder beziehen, die einst das Königreich 
Polen bildeten, dem sowohl seine edlen geschichtlichen Überlieferungen, wie seine 
Leiden, zumal die im gegenwärtigen Kriege erlittenen, die Zuneigung aller Völker 
gewannen. 
Das sind die wichtigsten Grundlagen, auf denen, wie wir meinen, eine künftige 
Erneuerung des Völkerverbandes sich aufbauen soll. Sie sind geeignet, die Wiederkehr 
ähnlicher Völkerkriege unmöglich zu machen und eine entsprechende Lösung der wirt- 
schaftlichen Frage herbeizuführen, welche für den zukünftigen Wohlstand aller am 
Kriege beteiligten Völker von so hohem Belang ist. Indem wir sie Euch vorlegen, 
Euch, die Ihr in dieser Schicksalsstunde die Geschicke der kämpfenden Völker leitet, 
beseelt uns die süße Hoffnung, daß sie Eure Billigung finden und so das furchtbare 
Ringen baldigst beendet werde, das sich immer mehr als zweckloses Morden darstellt. 
Im übrigen anerkennt alle Welt, daß auf beiden Seiten die Ehre der Waffen gewahrt 
ist. Hört unsere Bitten, gebt der väterlichen Ermahnung Folge, welche wir im 
Namen des göttlichen Erlösers, des Friedensfürsten, an Euch richten. Gedenkt Eurer 
überaus schweren Verantwortung vor Gott und den Menschen. Von Euren Ent- 
schließungen hängt ab der Friede und die Freude zahlloser Familien, das Leben von 
Tausenden junger Männer, mit einem Wort das Glück der Völker, dessen Förderung 
Eure strenge und höchste Pflicht ist. Möge der Herr Euch Entschließungen eingeben, 
welche seinem heiligen Willen entsprechen. Gebe es Gott, daß Euch, mit dem be- 
geisterten Beifall der Zeitgenossen, von seiten der kommenden Geschlechter dereinst das 
herrliche Lob zuteil werde, daß Ihr der Welt den Frieden wiedergegeben habtl 
In Gebet und Buße mit allen den frommen Seelen innig vereint, deren Sehn- 
sucht der Friede ist, erflehe ich für Euch vom-heiligen Geist Erleuchtung und Weisheit. 
Im Vatikan, den 1. August 1917.“ 
3 
Antwork der englischen Regierung vom 21. August 1917. 
„Wir haben noch keine Gelegenheit gehabt, unsere Verbündeten wegen der Note 
Seiner Heiligkeit zu befragen, und sind nicht in der Lage, uns über eine Beantwor- 
tung der Vorschläge Seiner Heiligkeit, betreffend die Bedingungen eines dauernden 
Friedens, zu äußern. Unserer Ansicht nach besteht keine Wahrscheinlichkeit dafür, 
diesem Ziele näherzukommen, solange sich nicht die Zentralmächte und ihre Verbündeten 
in offizieller Form über ihre Kriegsziele und darüber geäußert haben, zu welchen
	        
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