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angesehen. Und doch verdankt es der Bauernstand ihr nicht in
letzter Linie, daft er sich jetzt gegen früher auf einer bedeutend
höheren Stufe der Bildung und des Wohlstandes befindet.
Wenn von den in der Volksschule erworbenen Kenntnissen
häufig bald so viel verloren geht, dafz selbst das Lesen und
Schreiben nicht mehr mit Leichtigkeit getrieben werden kann, so
hat das seinen Grund in dem Mangel an Wiederholung und Ubung
des Gelernten nach dem Austritte aus der Schule, den viele Eltern
törichterweise nicht früh genug für ihre Kinder glauben herbei-
führen zu müssen. Nach der Entlassung aus der Volksschule
wird vielfach kein Buch mehr zur Hand genommen, keine Feder
gerührt und bald sind alle mühsam angeeigneten Kenntnisse und
Fertigkeiten verloren gegangen; nicht einmal die Fähigkeit zur
einfachsten ländlichen Buchführung in Form der Kalendernotizen
verbleibt häufig dem jungen Landwirte. Das ist nicht die Schuld
der Volksschule und ihrer Lehrer; es fehlt meistens noch die
Ländliche Fortbildungsschule, welche das in der Volksschule
kaum angefangene Werk der theoretischen Vorbildung auf den
Beruf des Landwirts fortzusetzen hat. Daher ist es mit Freuden
zu begrüßen, daf der Staat auch hier anregend und weiter-
bauend vorgeht. Es ist Fürsorge getroffen, daft auch den
weniger wohlhabenden Gemeinden durch die Errichtung solcher
Schulen die Wohltat der Weiterbildung der dem schulpflichtigen
Alter entwachsenen Jugend zu teil werden kann.
Wer ein rechter Bauer werden will, mußf jedenfalls alles
aufbieten, um möglichst viel Belehrung und möglichst genaue
Kenntnisse für seinen künftigen Beruf zu gewinnen. Er darf
keine Gelegenheit versäumen, das mannigfaltige und wunderbare
Wesen und Leben der Natur, welche die Werkstätte seiner Arbeit
ist, eingehend kennen zu lernen. Die Ländliche Fortbil-
dungsschule, der sich die Landwirtschaftliche Winter-
schule oder für Wohlhabendere auch die Landwirtschafts-
schule und die Ackerbauschule anschlieften, will dazu er-
wünschte Handreichung bieten. Landwirte, sorgt für einen
wohlgeschulten Nachwuchs;helft die Volksschule aus-
bauen und gründet für eure Jugend Ländliche Fort-
bildungs- und Landwirtschaftliche Winterschulen!
Mit der theoretischen Schulung in der Volks- und Fortbil--
dungsschule muf die praktische Ausbildung in allen Zweigen
der Landwirtschaft Hand in Hand gehen. Diese nimmt in den
meisten Fällen ihren Anfang auf dem väterlichen Hofe unter dem
Auge der Eltern. Wie der Knabe, der sich zum Handwerker
ausbilden will, zu einem tüchtigen Meister in die Lehre kommt,
so wäre es wohl zu wünschen, daf der, welcher sich der Land-
wirtschaft widmen will, seine Lehrzeit bei einem besonders
tüchtigen Landwirte durchzumachen hätte. Wie der Handwerker