Full text: Lesebuch für Landwirtschaftliche Winterschulen und ähnliche Anstalten im Königreich Bayern.

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stimmt beurteilen könne und anderes mehr. Das Wetter hängt von sehr 
vielen Ursachen ab, deren Wirkung sehr schwer voraus zu berechnen ist. 
Am glaubhaftesten sind die sogenannten Wettervorhersagen, welche auf 
Grund der Wetterberichte verfaßt, in Zeitungen mitgeteilt und durch 
Anschläge veröffentlicht werden. Diese Wetterberichte gehen von einer gro- 
ßen Anzahl von meteorologischen Stationen, See= und Sternwarten auf 
telegraphischem Wege bei einer Zentralstelle ein und bieten in ihrer Ge- 
samtheit für den wissenschaftlich gebildeten Meteorologen die beste Grund- 
lage zur Bestimmung der Wettervorhersage. Da diese im Laufe der Jahre 
immer zutreffender werden, wird der Landmann gut tun, wenn er künftig 
denselben mehr Beachtung schenkt als den althergebrachten Bauernregeln 
und darnach trachtet, rechtzeitig in den Besitz der Wettervorhersage für den 
kommenden Tag zu gelangen. 
Es fehlt jedoch auch für den einfachen Landmann nicht ganz und gar 
an Zeichen, welche ihn zu einem Schlusse auf das zukünftige Wetter be- 
rechtigen. So ist klar, daß er in der Regel auf nasse Witterung schließen 
darf, wenn er an dem Rauchen der Wälder, am Beschlagen der Steine 
und Gebäude, am Tröpfeln des Schornsteins rc. bemerkt, daß die Luft mit 
Wasserdampf übersättigt ist und deshalb einen Teil desselben absetzt. Die 
Feuchtigkeit der Luft ist auch die Ursache, daß entfernte Wälder bisweilen 
ungewöhnlich nahe und von dunkelblauer Farbe erscheinen, daß die Sterne 
stärker flimmern, daß die Sonne blaß aussieht, daß Mond und Sonne beim 
Auf= und Niedergange eine ungewöhnliche Größe oder wohl auch einen 
Hof haben; daher können diese Erscheinungen im allgemeinen als Vorboten 
eines bald eintretenden nassen Wetters angesehen werden. 
Bisweilen empfindet man die Sonnenwärme stärker, als man nach 
dem Grade des Thermometers dieselbe empfinden sollte; es „sticht“ die 
Sonne. Man schwitzt an solchen Tagen auch im Schatten, selbst wenn 
man sich nicht sehr anstrengt; der Körper ist schlaff, die Luft drückend. Diese 
Erscheinungen rühren jedenfalls von einer starken Elektrizität des Bodens 
und der Luft her, und der Schluß, daß ein Gewitter bevorsteht, wird selten 
trügen. Kühlt sich die Luft nach dem Gewitter nur wenig ab, so entsteht 
bald ein zweites und drittes, und wenn eine starke Abkühlung der Luft 
durch das Gewitter bewirkt worden ist, so folgt auf dasselbe oft ein mehrere 
Tage anhaltendes Regenwetter. 
Weht gegen Johanni ein anhaltender Süd= und Südwestwind, so 
regnet es oft längere Zeit; denn in dieser Zeit ist an der Grenze unserer 
gemäßigten Zone die Regenzeit der heißen Zone und der alsdann sehr 
warme und feuchte, von dort her zu uns kommende Wind setzt bei seinem 
Fortgange in kalten Gegenden viel Wasserdampf durch Nebel und Wolken 
ab. Auf dieser Erfahrung beruht der im allgemeinen nicht ganz falsche 
Glaube, daß es 7 Wochen lang täglich regnet, wenn es am sogenannten 
Siebenschläfertage, dem 27. Juni, geregnet hat. 
Da die Mücken immer die trockenste und wärmste Luft suchen, so 
halten sie sich, wenn die Luft feucht ist, in der untersten Luftschicht am 
meisten auf, und weil die Schwalben da herumfliegen, wo sie die meisten 
 
	        
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