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Kaum aber hatte vom schrecklichen Ton
Sich mählich der Wachhall verloren,
So drang ihr noch lauter und deutlicher schon
Das Brüllen vom Stalle zu Ohren.
„Barmherziger Himmel, erbarme dich mein
Und halte den Bösen in Banden!“
Tief barg sie das Haupt in die Uissen hinein,
Daß Hören und Sehen ihr schwanden.
Hier schlug ihr, indem sie im Schweiße zerquoll,
Das bebende Herz wie ein Hammer;
Und drittes, noch lauteres Brüllen erscholl,
Als wärs vor dem Bett in der Kammer.
Uun sprang sie mit wildem Entsetzen heraus,
Stieß auf die Laden der elle.
Schon strahlte der Morgen; der Dämmerung Graus
Wich seiner erfreulichen Helle.
Und als sie mit heiligem Kreuz sich versehn:
„Gott helfe mir gnädiglich, Amen!“
Da wagte sie's zitternd zum Stalle zu gehn
In Gottes allmächtigem Wamen.
OWunder! Hier kehrte die herrlichste Kuh,
So glatt und so blank wie ein Spiegel,
Die Stirne mit silbernem Sternchen ihr zu;
Vor Staunen entsank ihr der Riegel.
Dort füllte die Krippe frisch duftender Klee
Und Heu den Stall, sie zu nähren;
Dier leuchtet ein Eimerchen, weiß wie der Schnee,
Die strotzenden Euter zu leeren.
Sie trug ein zierlich beschriebenes Blatt
Um Stirn und Dörner gewunden:
„Sum Troste der guten Frau Magdalis hat
. M. hierher mich gebunden.“ —
SBott hatt' es ihm gnädig verliehen, die Wot
Des Armen so wohl zu ermessen.
Gott hat ihm verliehen ein Stücklein Brot,
Das konnt' er alleine nicht essen. —
Mir deucht, ich wäre von Gott erseh'n,
Was gut und was schön ist zu preisen;
Maier-Bode, Lesebuch, 8. Aufl.