II. Die Ehrenrechte und die äußere Stellung des Senals
und seiner Mitglieder.
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Dem Senat, als der Regierung, stehen besondere Ehrenrechte zu.
Dieselben sind jedoch weder in der Verfassung noch in dem Gesetz
über die Wahl und Organisation des Senats einzeln aufgeführt.
Vielmehr hat man sich damit begnügt, in dem letztgenannten Gesetz
(§ 16) zu bestimmen, daß — abgesehen von einer noch zu erwähnenden
Anderung — dem Senate die herkömmlichen Ehrenrechte verbleiben
sollen. Man wird also in dieser Beziehung auf ältere Zeiten zu-
rückgreifen müssen.
Im Art. 5 des Hauptrezesses von 17121 findet sich eine specielle
Aufzählung der einzelnen „in Recessibus de Annis 1603, 1633 et
1674, auch sonst uhralter Gewohnheit und Herkommen respective fun-
dirten und de novo bestättigten“ Gerechtsame, deren „Exercitium und
respective die Abnutzung oder Genuß“ dem Rate „qgua Magistratui“
gebührt. In diesem Verzeichnis sind Ehren-, Regierungs= und sonstige
die dem Senate und seiner Stellung schuldige Achtung gröblich verletzt, kann zum
Austreten aus dem Senate genötigt werden. ÜUberzeugt sich der Senat nach an-
gestellter Prüfung und vernommener Erklärung des Beteiligten, daß dessen Aus-
tritt in Gemäßheit obiger Vorschriften geboten sei, so eröffnet er demselben seinen
desfallsigen Beschluß. Weigert sich der Beteiligte, diesem Ausspruche Folge zu
leisten, so verweist der Senat die Sache zur gerichtlichen Entscheidung. Der Be-
teiligte hat sich indessen bis zur ausgemachten Sache der Wahrnehmung von
Amtsgeschäften zu enthalten.“ Höchst eigentümlich und mit der Stellung des
Senates als Regierung des Staates ganz unvereinbar ist es, daß nach diesen
Bestimmungen die dem Senat untergeordneten gewöhnlichen Gerichte eventuell
über angebliche Pflichtverletzungen eines Senatsmitgliedes zu entscheiden haben,
und überdies nicht nur, soweit es sich daber um rechtliche Gesichtspunkte, sondern
auch soweit es sich um Fragen des Taktes (Diskretion, gebührendes Betragen) handelt!
Im Bremer Gesetz den Senat betreffend heißt es (8 20): „Wer sich be-
harrlich weigert, den ihm als Mitglied des Senats gesetzlich oder in Gemäßheit
der Geschäftsordnung obliegenden Verbindlichkeiten nachzukommen, oder der Pflicht
zur Geheimhaltung eines Gegenstandes zuwiderhandelt oder die dem Senat oder
seiner Stellung schuldige Achtung gröblich verletzt, kann zum Austritt aus dem
Senat genötigt werden.“ Weitere Vorschriften über das dabei einzuschlagende
Verfahren sind aber nicht hinzugefügt.
1 Vgl. Westphalen a. a. O. S. 68 ff.