Full text: Die Militär-Vorlage im Deutschen Reichstage.

„Der Staat muß untergeh'n früh oder spät 
Wo Mehrheit siegt und Unverstand entscheidet.“ 
Schiller. 
Der Deutsche Reichstag hatte sich in der am 25. November 1886 
eröffneten IV. Session (1886/87) der 6. Legislatur-Periode u. A. auch 
mit dem Entwurfe eines Gesetzes, betreffend die Friedens- 
Präsenzstärke des deutschen Heeres zu befassen. Dieser Gesetz- 
Entwurf stellte im §. 1 die Friedens-Präsenzstärke des Heeres an Mann- 
schaften für die Zeit vom 1. April 1887 bis zum 31. März 1894 — 
also für sieben Jahre — auf 468 409 Mann fest, wobei die Ein- 
jährig-Freiwilligen nicht in Anrechnung kommen sollten. §. 2 formirte 
vom 1. April 1887 ab die Infanterie in 534 Bataillone, die Kavallerie 
in 465 Eskadrons, die Feld-Artillerie in 364 Batterien, die Fuß- 
Artillerie in 31, die Pioniere in 19 und den Train in 18 Bataillone. 
Die §§. 3 und 4 der Vorlage enthielten nur Bestimmungen formeller 
atur. 
Schon der auf diese Angelegenheit bezügliche Passus der Thron- 
rede hatte erkennen lassen, welchen Werth der Kaiser und die verbün- 
deten Regierungen auf die unveränderte Annahme dieses Gesetz-Ent- 
wurfs legten; ebenso waren die Ausführungen des preußischen Kriegs- 
ministers bei Begründung der Vorlage so überzeugend und eine Rede 
des greisen Feldmarschalls Graf von Moltke von so sensationellem Ein- 
drucke, daß es geradezu räthselhaft erscheinen mußte, die Militär-Vor- 
lage der verbündeten Regierungen von einer aus dem Centrum, den 
Deutsch-Freisinnigen, den Sozialdemokraten, Polen und Welfen sich zu- 
sammensetzenden Majorität nicht allein bezüglich der künftigen Zahl der 
Mannschaften, sondern auch hinsichtlich der künftigen Formation der 
Infanterie und ebenso bezüglich der siebenjährigen Festsetzung der 
Friedens-Präsenzstärke bekämpft zu sehen, wenn man eben nicht an- 
nehmen will, daß es der so seltsam zusammengewürfelten Majorität 
lediglich um ein in einer so ernsten Frage geradezu frivoles und 
widerliches Markten und Feilschen mit den verbündeten Regierungen 
zu thun war. 
Selbstverständlich war es wiederum der deutsch-freisinnige Abgeordnete 
Eugen Richter, der nach der glänzenden Begründung der Vorlage 
durch den preußischen Kriegsminister Bronsart von Schellendorff 
in der 5. Sitzung des Deutschen Reichstages (3. Dezember 1886) 
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