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der Fahne auf 3 Jahre, und Artikel 63 enthält das Moderamen, daß der
Kaiser den Präsenzstand bestimmt. Das liegt so einfach und klar wie mög—
lich. Es ist alterirt, so lange das Septennatsgesetz gelten wird, bis 1888.
Es wird den verbündeten Regierungen und Sr. Majestät dem Kaiser nicht
einfallen, vorher unter Ignorirung der Grenze, die durch das Septennatsgesetz
gezogen ist, die aber schwindet, wenn das Septennatsgesetz abgelaufen ist,
etwa den gesetzlichen Präsenzstand überschreiten zu wollen. Es ist ja möglich,
daß —, namentlich wenn die Auflösung eintritt — ein Zeitraum verläuft,
in dem wir den Reichstag nicht gegenwärtig haben; es ist auch möglich, daß
wir dauernd vom Reichstage die Mittel nicht erhalten können, die zum Schutz
unserer Grenzen vorsichtshalber uns nothwendig scheinen. Dann, glaube ich,
wird dem Kaiser und König von Preußen immer noch die Möglichkeit offen stehen,
sich vertrauensvoll an seinen Preußischen Landtag zu wenden und zu sehen,
ob er von dem die Mittel zum Schutze des gemeinsamen Vaterlandes nicht
erlangen kann (Bravol rechts, Bewegung); ich bin überzeugt: dort werden
wir nicht so lange zu bitten und zu unterhandeln brauchen.
Der Herr Abgeordnete hat in dürren Worten angedeutet, daß die Re-
gierung, wenn sie die 3 Jahre ablehne, doch noch Hintergedanken haben müsse,
die sie nicht ausspricht. Diese Beschuldigung gebe ich vollständig zurück:
wenn Sie die 7 Jahre ablehnen, so müssen Sie durchaus Hintergedanken
haben; Sie können ebenso gut annehmen, Sie rücken jede Konfliktsmöglichkeit
wieder etwas weiter hinaus. Wenn ich Ihre Hintergedanken ebenso erläutern
soll, wie der Herr Vorredner unsere angeblichen Hintergedanken erläutert hat,
so bezeichne ich sie als eine Intention, die von der Verfassung gezogenen
Grenzen zwischen der parlamentarischen und der Regierungsgewalt verrücken
zu wollen, verschieben zu wollen in dem Urtheil und in der Auffassung der
öffentlichen Meinung des Reichs und in der Praxis. Und darauf, wiederhole
ich, werden wir uns nicht einlassen. Die Machtvertheilung so, wie sie durch
die Verfassung gegeben ist, werden wir festhalten, die werden wir gewissenhaft
beobachten; aber ich fürchte, daß Sie nicht, wie ich vorgestern sagte, zu den
saturirten Mächten Ihrerseits gehörten. Sie wollen erobern, wir wollen
behalten den Besitzstand; Sie wollen neue Kompromisse, wir wollen an den
alten Traditionen festhalten; wir scheuen die Krisen, ihre häufigen Wieder-
holungen und die Möglichkeit der Konflikte, Sie gehen diesen bereitwillig und
frohen Muthes entgegen. Sie verhalten sich einigermaßen zu uns wie die
Franzosen gegen Deutschland; wir find die Konservativen, Friedliebenden,
und Sie find die, die erobern wollen, die uns das uns verfassungsmäßig ge-
bührende Elsaß wieder abnehmen wollen (Oh, ho! links und im Centrum).
Der Herr Vorredner hat sich in Bezug auf die hannoversche Frage auf
die Kloppschen Werke berufen und hat sie Geschichtswerke genannt; ich habe
bisher sie als unparteiische Geschichtswerke noch von keiner Seite darstellen
hören. (Heiterkeit rechts. — Abgeordneter Dr. Windthorst: Die Do-
kumente sind unparteiisch.) — Gut, den Dokumenten gegenüber werde ich
demnächst eine Darstellung, die ich längst beabsichtigt habe, aber aus Rücksicht,