§ 1. Grundbegriffe. 9
Durchführung des Dissziplinarverfahrens durch Schreiben des Hof-
marschalls seines Dienstes entlassen, nachdem der König durch
Kabinettsorder genehmigt hatte, daß er ohne Gewährung eines Ruhe-
gehalts entlassen würde. Der Kläger behauptete demgegenüber, daß
er durch bürgerlich-rechtlichen Dienstvertrag angestellt und daß ein
Disziplinarverfahren gegen ihn gesetzlich unzulässig gewesen sei):
„Zuvörderst hat das Berufungsgericht den Kläger in seiner früheren
Stellung im Hofstaate des Herrn Beklagten als Staatsbeamten, wenn auch
nur als solchen im weiteren Sinne, angesehen. Diese Auffassung ist zutreffend.
Nach § 1 ALR. II 13, der „Von den Rechten und Pflichten des Staates über-
haupt“ handelt, „vereinigen sich alle Rechte und Pflichten des Staates gegen
seine Bürger und Schutzverwandten . in dem Oberhaupte desselben“. Als
die „vorzüglichste Pflicht des Oberhauptes im Staate“ bezeichnet § 2 „sowohl
die äußere als innere Ruhe und Sicherheit zu erhalten, und einen jeden bei dem
Seinigen gegen Gewalt und Störungen zu schützen“, und 83 weist ihm noch
besonders die Aufgabe zu, für „Anstalten zu sorgen, wodurch den Einwohnern
Mittel und Gelegenheit verschafft werden, ihre Fähigkeiten und Kräfte aus-
zubilden und dieselben zur Beförderung ihres Wohlstandes anzuwenden“.
Diese Sätze geben die Auffassung wieder, von der das preußische Staats-
recht zur Zeit der Verkündung des Allgemeinen Landrechts, dem Charakter des
Staates als Monarchie, insbesondere der damals bestehenden unbeschränkten
Monarchie entsprechend, getragen wurde: das „Oberhaupt des Staates“, der
König, „vereinigt in sich“ alle Rechte und Pflichten des Staates selbst gegen
seine Bürger zur Erfüllung des Staatszwecks. Gerade um dieser Aufgabe
willen ist ihm die Gesamtheit der „Rechte und Pflichten des Staates“ zu-
gewiesen. Dies drückt der folgende § 4 noch besonders dahin aus:
„Dem Oberhaupt im Staate gebühren daher alle Vorzüge und Rechte,
welche zur Erreichung dieser Endzwecke erforderlich sind.“ Dementsprechend
bezeichnen im folgenden die §§5—13 unter dem Randvermerke „Majestäts-
rechte“ die wesentlichen „Hoheits-Souveränitätsrechte“. Im unmittelbaren
Anschlusse hieran spricht §8 14 aus: „Damit das Oberhaupt des Staates die
ihm obliegenden Pflichten erfüllen und die dazu erforderlichen Kosten be-
streiten könne, sind ihm gewisse Einkünfte und nutzbare Rechte beigelegt.“
Damit ist klar ausgedrückt, daß auch durch die Ausstattung des Staats-
oberhauptes mit „gewissen Einkünften und nutzbaren Rechten“ gerade die
Erreichung des Staatszwecks sichergestellt werden soll, woraus wieder folgt,
daß auch deren Verwaltung mindestens mittelbar im Interesse des Staates
erfolgt, so daß die damit betrauten Personen, indem sie ihre Dienste der Ver-
waltung der Einkünfte und nutzbaren Rechte des Königs widmen, doch zugleich
staatliche Aufgaben erfüllen.
Mittelbar wird diese Anschauung des Allgemeinen Landrechts aber auch
dadurch bestätigt, daß erst vom §17 ab unter dem Randvermerke „Privat-
rechte des Landesherrn und seiner Familie"“ davon gehandelt wird, daß
„Rechtsangelegenheiten, welche die Personen= und Familienrechte des Landes-
herrn und seines Hauses betreffen, „nach den Hausverfassungen und Ver-
trägen bestimmt“ werden, und daß der § 18 ausdrücklich von „anderen Privat-
handlungen und Geschäften“ des Landesherrn und seines Hauses spricht und
vorschreibt, daß diese „nach den Gesetzen des Landes zu beurteilen“ sind.
Daraus folgt, daß die oben wiedergegebene Bestimmung des § 14, aus der
sich hend die bereits angegebenen Folgerungen ergeben, rein staatsrechtlicher
Natur ist.