Contents: Gesetzsammlung für das Fürstenthum Schwarzburg-Rudolstadt. Fünfundzwanzigster Jahrgang. 1864. (25)

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preußische Bauer ein freier Gutsbesitzer. — Ein Edikt 
vom 11. März 1812 verlieh den Juden staatsbürgerliche Rechte. 
— An der Verbesserung des Heeres arbeitete Scharnhorst im 
verborgenen; auf seinen Rat umging der König Napoleons Ge— 
bot, und indem er die Rekruten immer nur 6 Wochen lang ein— 
exerzieren ließ („Krümper“), machte er rasch einen sehr großen 
Teil des Volkes wenigstens einigermaßen wehrhaft, ohne die 
Truppenzahl (42 000) des stehenden Heeres zu überschreiten. — 
Unterdessen wuchs der Ingrimm des Volks wider die Fran— 
zosen immerfort. Der frühe Tod der allverehrten und geliebten 
Königin Luise (19. Juli 1810), den man dem Schmerze über 
das Unglück des Vaterlandes beimaß; der freche Übermut, mit 
welchem die Franzosen König und Volk und jeden Einzelnen 
behandelten; die endlosen Erpressungen, die sie verübten; die 
Tyrannei, mit der sie durch ihr Kontinentalsystem Gewerbe 
und Handel lähmten und die gewohnten Genüsse (Kaffee, Tabak) 
abschnitten oder übermäßig verteuerten; — alles dieses reizte zur 
Wut, und jeder Einzelne sah ein Ende seines Druckes und 
Elends nur noch in der Zertrümmerung der Franzosenmacht und 
in der Wiederherstellung der Größe und Würde des Staats. 
So stählte sich der Wille der Nation; und nicht bloß die Ju- 
gend, für die Ludwig Jahn (Gymnasiallehrer in Berlin) 1811 
die Turnkunst als Vorübung zum Kriege erfand, sondern auch 
das reife Alter sehnte sich nach dem Kampfe. Zugleich wuchs 
die Liebe zum Könige; das gemeinsame Unglück machte ihn der 
Nation teuer. Die Würde, mit der er es trug, und die Stand- 
haftigkeit, mit der er unehrenhafte Mittel gegen die Geldnot 
(Staatsbankerott oder Landabtretung) von sich wies, machten ihn 
hochachtenswert. 
§ 75. Friedrich Wilhelm gab zur Stein-Scharnhorst-Harden- 
bergschen Reform manchen wichtigen Gedanken selber an; aber 
sein Hauptverdienst besteht darin, daß er sie gegen den Willen einer 
sehr starken Opposition bei Hofe und im Lande durchführte. Die 
Gegner waren: 1) die ritterschaftliche Partei. Diese, meist 
aus Landedelleuten (von der Marwitz, von Mock) bestehend, wollte 
für das Vaterland Opfer bringen, aber ihre Standesvorrechte 
(Grundsteuerfreiheit, Herrschaft über die Bauern, Alleinbesitz der 
Offizierstellen, hohen Amter und Pfründen) festhalten. Sie fein- 
dete die Reformer als „Revolutionärs“ an und protestierte, auch
	        
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