Einleitung.
I. Der Begriff der Militärgewalt.
Unter „Staatsgewalt“ versteht man die Gesamtheit der dem
Staate zustehenden Hoheits= oder Herrschaftsrechte. Diese übt der
Staat auf fünf der staatlichen Herrschaft unterliegenden Gebieten aus,
auf den Gebieten des Rechtswesens, der inneren Angelegenheiten, des
Militärwesens, der auswärtigen Angelegenheiten und des Finanzwesens.
Nach diesen fünf Herrschaftsgebieten, die man auch „Staatsgewalts-
gebiete“ nennen könnte, lassen sich die staatlichen Hoheitsrechte in fünf
Gruppen scheiden, und ebenso die Staatsgewalt in fünf Teile zerlegen.
Je nach dem Staatsgewaltsgebiete, auf das man die Staatsgewalt
bezieht, läßt sich von einer Justizgewalt, einer Gewalt über die inneren
Angelegenheiten (Wohlfahrtsgewalt), einer Militärgewalt, einer Gewalt
über die auswärtigen Angelegenheiten und einer Finanzgewalt sprechen.
„Militärgewalt“ wäre also der auf das Militärwesen bezügliche Teil
der Staatsgewalt oder die Gesamtheit der dem Staate bezüglich des
Militärwesens zustehenden Hoheitsrechte. Identisch mit Militärgewalt
ist der Begriff „Militärhoheit“.
Die staatlichen Hoheitsrechte unterscheiden sich nun nicht nur nach
ihrem Gegenstand, d. h. nach dem Gewaltgebiete, auf dem der Staat
sie ausübt; auch die Form, in der der Staat sie ausübt, ist eine ver-
schiedene. Er übt die Hoheitsrechte einmal durch „Gesetzgebung“ aus,
d. h. dadurch, daß er Gesetze aufstellt; dann durch „Vollziehung“, d. h.
dadurch, daß er für Ausführung dieser Gesetze sorgt und dieselbe leitet.
Alle Hoheitsrechte sind also teils gesetzgebender, teils vollziehender Natur.
Demgemäß kann man die Staatsgewalt — und ebenso ihre einzelnen
Teile, darunter auch die Militärgewalt — nach der Form, in der sie
ausgeübt wird, in Gesetzgebungs= und Vollziehungsgewalt teilen.
II. Einstuß der bundesstaatlichen Verfasung des Deutschen Reiches
auf die Militärgewalt.
1. Wesentliches Kennzeichen des Einheitsstaates ist die Einheit
der Staatsgewalt und des Staatsgewalthabers. Wenn aber die Staats-
Mueller, Militärgewalt. 1