Auf den Kriegsschauplätzen 120
hatten kämpfen müssen. Gegen die Farbigen zeigten sie eine an Wider-
willen grenzende Verachtung. Zum Kriege selbst standen sie verschieden.
Die aktiven Soldaten zeigten eine schlichte militärische Auffassung, die
am besten ein Gefangener der 1. amerikanischen Division mit den Worten
zum Auddruck gebracht: „Unsere Aufgabe ist, zu töten oder getötet zu
werden.“ Unter den zum Kriege Eingezogenen gab es viele, die den Krieg
an sich für ein Unrecht hielten und ihre Freude, ihn überwunden zu
haben, nicht verbargen. Die amerikanischen Gefangenen waren viel-
leicht noch robuster als die englischen. Aber selbstverständlich waren sie
zunächst weniger widerstandsfähig. Da ihre Divisionen nacheinander
eintrafen und immer wieder Neulinge vorhanden waren, war das Bild
von der Stimmung der amerikanischen Gefangenen kein einheitliches.
Die ersten nach Frankreich entsandten neu aufgestellten Divisionen
schienen aus Angehörigen derjenigen Staaten zusammengesetzt zu sein,
die ausgesprochen deutschfeindlich waren, bei denen die englische Propa-
ganda feste Wurzeln geschlagen hatte, und auf die sich die Regierung
des Präsidenten Wilson zunächst glaubte verlassen zu können. Gefangene
der später eintreffenden Divisionen aus den Staaten Pennsyloanien,
Neuyork, New-Fersey, Illinois und anderen Staaten des Westens waren
schon eher deutschfreundlich. Gefangene einer in diesen Staaten aufge-
stellten Division sagten einstimmig aus, daß sie nur gezwungen und
widerwillig in den Krieg gegen Deutschland gegangen seien.
Die Aussagen der Gefangenen ließen auch einen Einblick in das Ver-
hältnis der verschiedenen verbündeten Truppen zu. Es war nicht kamerad-
schaftlich. Es war die größte Strafe und hat zu Meutereien geführt,
wenn sie auf Transporten und in Gefangenenlagern gemeinsam unter-
gebracht wurden. Besonders wenn Farbige in enge persönliche Berührung
mit europäischen Gefangenen kamen, war die Empörung groß. Die
Franzosen lehnten aber auch eine allzu enge Gemeinschaft mit den ihnen
verbündeten Russen ab. Auf die französischen Wünsche wurde keine Rück-
sicht genommen, dagegen wurden die englischen und amerikanischen
Kriegsgefangenen nach Möglichkeit vor einer engen Gemeinschaft mit
den Farbigen bewahrt. Von einer treuen Waffenbrüderschaft unter den
feindlichen Truppen konnte nach dem Verhalten der Gefangenen nicht
gesprochen werden. Es schien vielmehr, daß sie nur durch die olitik
gegen Deutschland zusammengehalten wurden. Hätten diese Dinge in
Deutschland bei der Regierung Interesse gefunden und beute eine po-
Nicolai