Im Heimatgebiet 135
in Brasilien und Argentinien, in Spanien, wie überhaupt auf dem
ganzen Erdball und bei allen Nationen Agenten geworben. Es ist somit
anzunehmen, daß sie auch ihren Anteil an der Auskundschaftung
Deutschlands gehabt haben, aber ergriffen worden ist kaum einer von
ihnen.
Um so ergiebiger wurde die Bevölkerung der Schweiz, der nordischen
Reiche, Hollands und Luxemburgs ausgenutzt. Für die unterste Gattung
der Agenten bot das lichtscheue Gesindel, dessen Sammelplatz die an-
grenzenden neutralen Staaten im Laufe des Krieges wurden, eine reiche
Auswahl. Viele Beziehungen entstanden auch zu den Portiers großer
Hotels und zu Kellnern, die in Deutschland den Platz der zum Heeres-
dienst eingezogenen deutschen Angestellten einnahmen. Das gleiche galt
von dem Personal kleiner Bühnen, die während des Krieges vom Aus-
land versorgt wurden. Auf diesem Wege fanden Tänzerinnen usw. Ein-
gang als weibliche Spione.
Aber auch in höheren. Kreisen hatte der Feind seine Beauftragten.
Er warb unter den in Deutschland befindlichen neutralen Studenten und
zum Zwecke der Wirtschaftsspionage unter den zahlreichen geschäftlichen
Verbindungen zwischen Deutschland und den angrenzenden neutralen
Ländern. Es wurden eine ganze Anzahl Fälle bekannt, daß, besonders
von England, neutrale Kaufleute durch ihre Abhängigkeit von der En-
tente zur Betätigung im Nachrichtendienst gepreßt wurden. Denn für
wirtschaftliche Fragen war es schon schwieriger, geeignete Spione zu
werben. Die allgemeine Wirtschaftslage war zwar ohne weiteres zu
erkennen, aber die Lage der einzelnen Zweige der Kriegsindustrie und
der Landwirtschaft bedurfte, sollten die Meldungen wirklichen Wert
haben, schon sachverständiger Beurteilung. Rumänische Juden traten
vielfach als russische Kundschafter auf, solange sie sich noch in der
ersten Hälfte des Krieges als Neutrale in Deutschland frei bewegen
konnten. Sie hatten Vorwände zur Reise besonders in der ersten Hälfte
des Jahres 1916, als für die Herausgabe des von Deutschland bereits
bezahlten rumänischen Getreides obendrein noch die Ausfuhr von Medi-
kamenten und Maschinen aus Deutschland nach Rumänien freigegeben
worden war. Auch wurden, lediglich in der Absicht, Reisende zur Spio-
nage nach Deutschland entsenden zu können, Firmen auf den Namen
neutraler Ausländer, besonders von Schweden und Dänen durch den
feindlichen Nachrichtendienst gegründet.