Rückblick und Ausblick 183
ist die „friedliche“ Arbeit des Nachrichtendienstes zu entbehren. Die
Interessengemeinschaft in den Siegerstaaten hat sich gelöst. Jeder ein-
zelne wird die gemeinsamen Erfahrungen für sich zuerst auszuwerten
trachten. Ein Wettstreit von bisher nicht gekannter Schärfe auf sämt-
lichen Gebieten des Nachrichtendienstes wird einsetzen. Seine Ziele werden
noch raffinierter und rücksichtsloser als bisher verfolgt werden, und
gerade darum wird versucht werden, ihn wieder in das Dunkel des
Geheimnisses untertauchen zu lassen.
Nur der Staat kann über seine Jukunft beruhigt sein, dessen verant-
wortliche Leiter in Politik, Wirtschaft und Heerwesen auch im Nach-
richtendienst gemeinsam ihre Schuldigkeit tun. Der Massenbetrieb, den
Frankreich im Nachrichtendienst einführte, muß aber als ein gemeinsam
zu bekämpfender grober Unfug bezeichnet werden, es sei denn, daß es
darauf ankommt, andere Völker mit dem Gift der Spionage und des
Landesverrats zu durchseuchen.
Wenn es richtig ist, daß der Nachrichtendienst in Zukunft eine gegen
die Friedenszeit vor dem Kriege erheblich gesteigerte Bedeutung ge-
winnt, dann ist es notwendig, daß Beamtenschaft und Heer, vor allem
aber auch das ganze Volk und ganz besonders seine oberen Schichten
gewarnt werden, Verschwiegenheit lernen und aufmerksamer werden, als
dies vor dem Kriege in Deutschland und seinen von der Spionage in
erster Linie verseuchten Nachbarstaaten der Fall war. Nachdem ein inten-
siver militärischer, politischer und wirtschaftlicher Nachrichtendienst durch
seine Erfolge im Weltkrieg in die Reihe der offiziellen Staatshand-
lungen eingerückt ist, ist es zeitgemäß geworden, diesen Umstand zum
Bewußtsein der Völker zu bringen. Der Krieg legte die Abwehr aus den
Händen der Polizei in die der höchsten Staatsgewalt. Die Zukunft legt
sie in die Hand des ganzen Volkes. Nur Völker mit gesundem nationalen
Empfinden sind aber dieses Selbstschutzes fähig, nur diejenigen Re-
gierungen, die dieses Empfinden im Volk erhalten, tun ihre Pflicht
und werden im Kampfe gegen den Nachrichtendienst Erfolg haben.
Gerade Deutschland hat es erfahren, daß materielle Mittel zur Abwehr
nicht genügen, sondern daß eine geistige Abwehr nötig ist.
Dazu gehört in erster Linie die Uberzeugung, daß es außer dem Kampf
der Parteien im eignen Volk noch einen Kampf zwischen den Völkern
gibt, mag man über dessen Mittel auch verschiedener Meinung sein,
und daß gegen diesen der Kampf der Parteien zurücktreten muß. Dem