Kriegsvorbereitung 21
offensichtlich in Rußland vor allem als Geldquelle betrachtet, gleich-
gültig, ob diese Quelle im Dienste Rußlands oder gegen Rußland
ausgeschöpft werden konnte.
Der Jude als Spion in Rußland war militärisch nicht ausgebildet
und deshalb selbst nicht urteilsfähig. Und als Vermittler wurde er oft
von den Russen, an die er zum Zwecke des Landesverrates herantrat,
um den Verdienst geprellt. Meist wandte er sich an solche Persönlich-
keiten, die ihm bereits sonst durch Leichtsinn und Wohlleben bekannt
und von ihm abhängig waren. Oft aber entledigten sich diese auch
ihrer schon bestehenden Schulden, indem sie dem Verführer mit Aus-
lieferung an die Behörden drohten. Denn über der ganzen Interessen-
gemeinschaft zur Ausbeutung des Nachrichtendienstes schwebte eine auf-
merksame Polizei und jedem Verräter drohten drakonische Spionage-
gesetze.
Aber auch abgesehen hiervon, bewies das russische Offizierkorps und
Beamtentum trotz der ihnen durch die eigene Spionage zugefügten
moralischen Gefährdung ein starkes Nationalbewußtsein, so daß bei
allen Verbindungen, die hergestellt werden konnten, es nur äußerst selten
zu wirklichen Leistungen für den deutschen Nachrichtendienst, in den
meisten Fällen nur zu Betrugsversuchen gegen ihn kam.
Im Gegensatz dazu ließ sich feststellen, daß die Deutschen, die vom
russischen Nachrichtendienst gewonnen waren, selbst als Landesverräter
zuverlässig und tüchtig im Sinne ihrer Auftraggeber und in ihren An-
sprüchen bescheiden arbeiteten. Dabei hielt sie die Drohung, daß sie den
deutschen Behörden ausgeliefert würden, wenn sie unzuverlässig, wider-
spenstig oder unbescheiden würden, in strenger Disziplin und machte sie
dem russischen Nachrichtendienst völlig gefügig. Die große Zahl von
Landesverrätern in Deutschland ermöglichte es, diese Drohung durchzu-
führen, ohne die eigenen Interessen erheblich zu schädigen. Man entledigte
sich auf diese Weise der Erfüllung aller unbequemen und unrentabel
gewordenen Versprechungen.
Indem die Militär= und Zivilbehörden, die gesamte Yolizei und die
russischen Auslandsvertretungen auf die Förderung des Nachrichten-
dienstes eingestellt waren, war ihnen gleichzeitig die Aufmerksamkeit
auf jedes Anzeichen einer Erkundungstätigkeit durch Deutschland gegen
Rußland in Fleisch und Blut übergegangen. Infolgedessen war es so
gut wie unmöglich, Deutsche mit Erkundungsaufträgen nach Rußland