32 Kriegsvorbereitung
Generalstab wurde benachrichtigt. Er sorgte für eine Beobachtung des
betreffenden Postamtes. Ein unter der gleichen Adresse postlagernder
Brief wurde eines Abends von einem Manne abgeholt, dessen Persönlich-
keit durch ungünstige Umstände nicht sofort festgestellt werden konnte.
Er entfernte sich in einem Kraftwagen, der beobachtende Kriminal-
beamte konnte nur dessen Nummer feststellen. Er folgte ihm in einem
zweiten Kraftwagen, konnte ihn aber nur erreichen, nachdem der In-
sasse bereits ausgestiegen war. Ein in dem Kraftwagen verlorenes
Taschenmesser bot den einzigen Anhalt. Als Besitzer erwies sich der
Oberst Redl, Generalstabschef beim Generalkommando in Prag. Er
richtete sich selbst, nachdem er seinen Verrat für den russischen Nach-
richtendienst eingestanden hatte. Er war von Berlin aus durch den
russischen Militärattaché angeleitet worden.
Fast gleichzeitig gingen beim Generalstab in Berlin Briefe ein, in
denen ein Unbekannter aus Genf Teile von Schriftstücken übersandte,
die nach seiner Angabe Abschriften geheimen militärischen deutschen
Materials wären, das an Rußland und Frankreich verkauft worden sei.
Zunächst wurde diese Sache für ein Betrugsmanöver gehalten. Erst er-
gänzende Sendungen bewiesen, daß es sich tatsächlich um Abschriften
deutscher Vorarbeiten für den Kriegsfall handelte. Der Ubersender ver-
weigerte jede nähere Auskunft und lehnte es auch ab, zur Auskunfts-
erteilung nach Deutschland zu kommen. Die Angelegenheit brachte eine
ganze Anzahl von Behörden und Truppenteilen in den Verdacht, daß der
Landesverrat bei ihnen begangen worden sei. Schließlich verdichteten
sich die Verdachtsmomente auf eine hohe Behörde, die früher in Königs-
berg, jetzt in Posen in Garnison stand, und zwar auf deren früheren
ersten Schreiber, der jetzt bereits seine Militärzeit hinter sich hatte und
sich in einer geachteten Beamtenstellung befand, sowie auf den Schreiber
eines Kavallerieregimentes. Um die Sache restlos zu klären, reiste
der Nachrichtenoffizier aus Königsberg zu dem Unbekannten nach Genf.
Hier trat ihm unter falschem Namen der frühere russische Konsulats-
sekretär von Eck entgegen, der dem Nachrichtenoffizier von früher be-
kannt war. In seiner amtlichen Stellung auf dem russischen Konsulat in
Königsberg hatte von Eck in den Jahren 1911 bis 1913 deutsche Mili-
tärpersonen, darunter auch die oben Genannten, zum Landesverrat ver-
leitet. Er befand sich jetzt in Genf und versuchte zum zweiten Male,
seine Wissenschaft zu Geld zu machen. Die beiden Schreiber wurden