52 Kriegsausbruch
Der Generalstab war berechtigt, anzunehmen, daß ihm nur die mili-
tärische Kriegführung zufallen werde. Zur inneren Politik besonders hatte
er im Frieden keinerlei Beziehungen. Bei Kriegsausbruch merkte er aber,
daß die politische Kriegführung über ihm fehlte, daß sie auch nicht neben
der militärischen heranwuchs. Am 2. August 1914 befahl Generaloberst
von Moltke, festzustellen, welche Kriegsvorbereitungen in bezug auf die
Führung der öffentlichen Meinung in der Heimat, besonders durch die
Messe, getroffen worden seien. Ich mußte ihm melden, daß dies sich
auf ein Merkblatt beschränke, das nur angab, was im Kriege nicht
gesagt werden dürfe, für eine positive Führung der öffentlichen Meinung
aber sei nichts vorbereitet worden.
General von Moltke befahl mir, wenigstens für die Oberste Heeres-
leitung die Sicherheit herzustellen, daß sie mit der öffentlichen Meinung
über die militärischen Ereignisse in zuverlässiger Verbindung bleibe. Die
neue Aufgabe stand zunächst nur lose im Zusammenhang mit meiner
bisherigen. Ihr Umfang, wie sie damals gesehen wurde, war begrenzt.
Daß aus ihr der deutsche Kriegspressedienst schlechthin sich entwickeln
würde, war nicht vorauszusehen. Höher als die Belastung mit der neuen
Aufgabe stand der Vorteil, daß wenigstens in kleinem Maßstab das an
Verbindung zwischen militärischer und politischer Kriegsführung her-
gestellt wurde, was die unter dem Sammelbegriff des Nachrichtendienstes
zusammengefaßte Tätigkeit des Feindes auszeichnete. Der Unterschied lag
nur darin, daß die gemeinsame Leitung beim Feinde in der Hand der
Regierung, in Deutschland in der Hand der Obersten Heeresleitung lag.
Diesen Fehler führte General von Moltke der Not gehorchend herbei,
General Falkenhayn duldete seine zwangsläufige Entwicklung nur wider-
willig, Hindenburg — Ludendorff gingen mit großer Energie gegen
ihn an. Als sie verlangten, daß die politische Reichsleitung die Führung
der öffentlichen Meinung übernehmen solle, lehnte der Vertreter des
Reichskanzlers dies mit den Worten ab, der Reichskanzler von Bethmann
wolle nichts mit der Presse zu tun haben. Und als sich im Jahre 1913
die Forderungen der Obersten Heeresleitung dahin verdichteten, daß der
feindlichen Propaganda ein deutscher Propagandaminister entgegengestellt
werden müsse, erhielt sie im Juni 1918 eine Antwort des Reichskanzlers
Grafen Hertling, in der dieser die begründete Forderung der Obersten
Heeresleitung als einen wertvollen Beitrag zu den Vorarbeiten be-
zeichnete, die schon längere Zeit im Gange seien, um die Zusammen-