Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band III. Völkerrecht. (3)

8 197. Die Beendigung des Krieges etc. 539 
  
III. Das Urteil in Prisensachen kann lauten: auf Freigabe ohne Schadlos- 
haltung, wenn dem Interessenten zwar keine Neutralitätsverletzung zur 
Last liegt, dagegen die Kaptur auf Grund hinreichenden Verdachts erfolgt 
war; auf Freigabe mit Schadloshaltung, wenn der Kaptor nicht pflichtmäßig 
vorgegangen ist; auch teilweise Verurteilung (eines Teils der Ladung, der 
Ladung ohne das Schiff usw.); endlich auf Verurteilung von Schiff und Ladung. 
IV. Das Urteil in Prisensachen wird rechtskräftig mit der Erschöpfung 
des Instanzenzugs oder Verzicht auf das Rechtsmittel (Ablauf der Rechtsmittel- 
frist).. Mit der Rechtskraft des Urteils ist die rechtliche Wirkung des Eigentums- 
übergangs an den Nehmestaat eingetreten; dieser kann nunmehr durch Verkauf 
über die Prise verfügen. Die Rechtsgültigkeit dieser Disposition schließt den 
Anspruch des Neutralen auf Restitution seitens des von einem Kriegsteil kon- 
demniertenGutes im Falle der Wiedernahme seitens des anderen Kriegsteils aus.) 
$ 197. Die Beendigung des Krieges?. Beendigung des Krieges 
ohne Friedensschluß. Mit Rücksicht auf den Umstand, daß jeder Krieg — 
wie immer seine Ursache beschaffen sein mag. — auf einem Streitfall beruht, 
dessen Beseitigung durch die Waffen bezweckt wird, erscheint ein formeller 
Willensakt der Streitteile aus inneren und praktischen Gründen als die sach- 
gemäße Form der Beendigung des Krieges. Dieser Willensakt ist der Friedens- 
schluß; er bildet die Regel. Daneben kommen zwei Arten der Beendigung 
des Krieges ohne Friedensschluß vor, von denen die eine — die Einstellung 
der Feindseligkeiten — eine konkludente Betätigung des Willens, das 
exzeptionelle Kriegsverhältnis durch Wiederaufnahme friedlicher Beziehungen 
zu beendigen, bedeutet, während die andere — die Debellatio, Eroberung 
im engeren Sinne, sich dadurch charakterisiert, daß der kriegerische 
Erfolg des Siegers eine Willensbetätigung des Besiegten durch Aufhebung der 
völkerrechtlichen Subjektivität des letzteren ausschließt. Hier ist daher ein 
Friedensvertrag überhaupt nicht möglich. — Der Bürgerkrieg wird durch 
Einstellung der Feindseligkeiten oder durch ein Abkommen, das wesentlich 
innerstaatlichen Charakter trägt, oder durch Niederschlagung der staats- 
feindlichen Beweguug beendigt. 
1. Die Geschichte der neueren Zeit kennt nur wenige Fälle der Beendigung des Krieges 
durch tatsächliche Einstellung der Feindseligkeiten?). Eine formelle Erledigung des Streit- 
falls fehlt in solchen Fällen®), es kann daher als die Grundlage des Friedenszustandes nur 
  
1) v. Martitz HRS s. v. „Prisengerichte* und „Wiedernahme“. Vgl. auch Brock- 
haus, ebenda s. v. „Postliminium‘“ (S. 98). 
2) v. Kirchenheim, HH IV S. 91 ff. (mit reichen Literaturangaben),;, Heffter- 
Geffcken $$ 176ff.; Bluntschli, Völkerrecht $$ 700 ff.; F. v. Martens Il S. 543 ff.; 
Gareis $ 90; Rivier, Lehrb., Principes II 435 sq.; Phillimore II $ 511; Oppenheim 
II, $$ 260 sq.; Fiore III, No. 1693; M&ringhac 323; Pillet 370. 
3) So endete der spanisch-französische Krieg 1702, der schwedisch-polnische 1716, der 
russisch-persische 1801; ein Kuriosum der neuesten Geschichte ist das Unterbleiben eines 
Friedensschlusses zwischen Preußen und Lichtenstein 1866. Die Beziehungen zwischen 
Frankreich und Mexiko wurden erst 1851 wieder aufgenommen. Der Krieg zwischen Spanien 
und Chile wurde bloß durch Einstellung der Feindseligkeiten beendigt. 
4) Hier kann ein späteres Abkommen der Streitteile eine Erledigung der Sache herbei- 
führen.
	        
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