Full text: Fürst Bismarcks Lebenswerk.

sie Schleswig-Holstein, das die Österreicher und die Preußen 
erobert hatten, ganz und gar herausgeben und es an Preußen 
und Osterreich abtreten. 
Also befreit war jetzt Schleswig-Holstein; statt der Dänen 
standen preußische und österreichische Truppen dort. Aber nun 
war die Frage: was soll damit werden? Ganz Deutschland 
sagte: „Nun, ganz einfach, ein neuer kleiner Staat mit seinem 
eigenen Herzog.“ König Wilhelm und sein Minister aber sagten: 
„Nein, so ganz einfach ist das nicht. Wir haben genug kleine 
Staaten, und die große Schwierigkeit ist, daß sie gegen das 
Ausland in Krieg und Frieden zusammenhalten. Schleswig- 
Holstein aber liegt an der Küste der Nordsee und der Ostsee, 
ist also für die deutsche Flotte von der größten Wichtigkeit. 
Wenn da aber ein Herzog eingesetzt werden soll, so muß er 
seine Soldaten unter den König von Preußen stellen; und der 
Hafen von Kiel muß überhaupt preußisch werden.“ — Wenn 
nun Herzog Friedrich gewußt hätte, daß schon nach zwei Jahren 
alle anderen Fürsten Norddeutschlands auch ihre Soldaten unter 
den Befehl des Königs von Preußen stellen würden, so wäre er 
gewiß damit einverstanden gewesen. So aber mußte er denken, 
er sollte etwas Schlechteres werden, als die anderen deutschen 
Fürsten; und das wollte er nicht. Deshalb ließ ihn nun Preußen 
nicht Herzog werden; und Osterreich hatte versprochen, daß es 
über Schleswig-Holstein nichts ohne Preußens Zustimmung 
beschließen würde. So waren einstweilen der Kaiser von Oster- 
reich und der König von Preußen zusammen Landesherren von 
Schleswig-Holstein, und Preußen richtete den Hafen von Kiel 
für seine Kriegsflotte ein. Im Übrigen wurde Schleswig von 
Preußen und Holstein von Österreich besetzt. 
Unterdessen war in Preußen der Verfassungskonflikt ruhig 
weiter gegangen. Jedes Jahr hatte die Regierung den Vor- 
anschlag wieder vorgelegt; jedes Jahr hatte das Abgeordneten- 
haus die Kosten für die Heeresreform wieder abgelehnt. Jedes
	        
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