Full text: Geschichte des Königreichs Sachsen mit besonderer Berücksichtigung der wichtigsten culturgeschichtlichen Erscheinungen.

— 82 — 
in feierlicher Haltung um den Hauptaltar, und endlich führte man 
auch, der Sitte jener Zeit gemäß, die Trauerrosse, welche den Leichen- 
wagen gezogen, um denselben Altar. An 36 Altären wurden für 
den Verstorbenen Messen gelesen und Gebete gehalten. 
20. Kupfürst Friedrich der Weise, 1486—1525. 
a) LSeine TLugendzeit. 
„Ein kluger Fürst ist des Volkes Glück.“ Dieses Wort der 
Schrift ist während der langen Regierungszeit Friedrich des Weisen 
in reichem Maße an Sachsen in Erfüllung gegangen. Mit Recht 
hieß dieser Fürst Friedrich, d. h. Friede-reich, denn er liebte 
den Frieden, und zu seiner großen Freude ruhte auch fast bis an 
sein Lebensende das Kriegsschwert in der Scheide, und daß ihm auch 
der Beiname „der Weise“ gebührte, wird uns am Ende seines Lebens 
recht klar werden. Wie sorgfältig er seine Jugendzeit benutzte, um 
nicht blos an Alter, sondern auch an Weisheit zuzunehmen, wollen 
wir zuerst hervorheben. 
Der junge Prinz besuchte anfangs mit seinem Bruder Johann 
die Klosterschule zu Grimma, alsdann erhielt er einen Hauslehrer, 
Namens Kemmerlein. Dieser Mann war ernstlich darauf bedacht, 
daß sein Schüler nicht allein in allerlei nützlichen Kenntnissen Fort- 
schritte mache, sondern daß er auch an Gnade bei Gott und den 
Menschen wachse, weshalb er ihn mit treuer Sorgfalt durch Wort 
und Beispiel zu wahrer Gottesfurcht anhielt. Prinz Friedrich 
war aber auch ein Schüler, der seinem Lehrer in jeder Hinsicht die 
innigste Freude bereitete. Er lernte fleißig, und was dabei so lobens- 
werth war, er that es nicht blos, weil der Lehrer es verlangte, son- 
dern weil ihm das Studiren selbst Freude bereitete. Von den 
fremden Sprachen wurde zuerst die lateinische vorgenommen, in 
welcher sich Friedrich bedeutende Kenntnisse erwarb. Später machte 
er sich auch mit der französischen Sprache vertraut, die damals in 
Deutschland noch wenig bekannt war. Fand Friedrich in einem 
Buche einen schönen Ausspruch, so schrieb er sich denselben auf einen 
Papierstreifen und schmückte mit diesen Blättchen die Wände seines 
Schlafzimmers, um auf diese Weise recht bequem die geistreichen Ge- 
danken immer wieder in sein Gedächtniß zurückrufen zu können. 
Ganz besondere Liebe wendete er auch der Kenntniß der sichtbaren 
Werke Gottes zu. In hellen Nächten richtete er seine Blicke zu dem 
mit Sternen besäeten Himmel, beobachtete den Lauf der Gestirne und 
erwarb sich bedeutende Kenntnisse in der Astronomie. Dabei übersah 
er nicht das Naheliegende, was ihn in Wald und Flur umgab. Die 
Natur mit ihren Werken, Erscheinungen und Gesetzen war ihm licb
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.