Full text: Geschichte des Königreichs Sachsen mit besonderer Berücksichtigung der wichtigsten culturgeschichtlichen Erscheinungen.

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stimmen. Sie ging selbst in des Kaisers Lager, wo sie mit der 
größten Zuvorkommenheit aufgenommen wurde. „Die unglückliche 
Fürstin warf sich zu des Kaisers Füßen auf die Knie, bittere Thränen 
rannen von ihren Augen, schmerzliche Seufzer entwanden sich ihrer 
Brust. Die Umstehenden waren bis zu Thränen gerührt, selbst der 
Kaiser hatte Mühe, sie zurückzuhalten.“ Wiederholt flehte sie um 
Gnade für ihren Gemahl, allein es blieb bei den harten Bestimmungen. 
Das Einzige, was der Kaiser gestattete, war die Erlaubniß, daß sie 
ihren Gemahl in seinem Zelte besuchen und daß sich dieser acht Tage 
lang in Wittenberg bei seiner Familie aufhalten durfte. Diese Tage 
vergingen wie Stunden. Herzzerreißend war der Abschied des un— 
glücklichen Fürsten von den Seinen. Nur eins war noch im Stande, 
dem frommen Dulder Fassung und Ergebung zu verleihen, es war 
das felsenfeste Vertrauen auf seinen Herrn und Gott. Darum kannte 
der Scheidende auch keinen besseren Trost, als seiner Gattin zuzurufen: 
„Fasse Dich, traue auf Gott! Was ich jetzt leide, geschieht alles 
um des Herrn willen, dessen ich bin und dem ich diene!“ 
In der That hatte der Kurfürst auch alle Ursache, seine Gattin 
auf solch einen Trost zu verweisen; denn wenig Tage nachher mußte 
Sibylla Wittenberg und das ihr so theure Kurfürstenthum für immer 
verlassen. Ein Thränenstrom benetzte bei dieser schweren Trennung 
ihre Wangen, und Thränen gaben ihr das Geleit zur Pilgerfahrt 
in die neue Heimat. Im Trauergewand zog sie in Weimar ein, das 
ihr von nun an zum Aufenthalte diente. Der neue Kurfürst mußte 
nämlich den Angehörigen seines unglücklichen Vorgängers eine Anzahl 
Städte, z. B. Eisenach, Gotha, Jena, Weimar 2c., überlassen, wodurch 
der Grund zu dem jetzigen ernestinischen Sachsen oder zu den 
herzoglich-sächsischen Ländern gelegt wurde. 
Mit diesem harten Wechsel war aber der Leidenskelch noch lange 
nicht geleert. Fünf schwere Jahre harrten noch des frommen Dulders. 
Der unglückliche Fürst mußte nämlich dem Kaiser auf seinen Reisen 
und Zügen als Gefangener folgen, bei welcher Gelegenheit er oft die 
unwürdigste Behandlung erfuhr. Seine Wächter, 24 spanische Sol- 
daten, belauschten jeden seiner Tritte und Schritte, setzten gegen seine 
Person allen Respekt aus den Augen und waren sogar so roh, ihn 
hier und da der neugierigen Menge für Geld sehen zu lassen. Diese 
Schmach ertrug der vielgeprüfte Johann Friedrich mit einer Ge- 
duld und Ergebung, die wahrhaft rührend ist, und sehnte sich sein 
bekümmertes Herz nach Trost und Erquickung, so war ihm das reine 
Evangelium unsers Herrn die Quelle, aus welcher er täglich schöpfte.
	        
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