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Zu welch hohem Ansehen stiegen durch solche Thätigkeit die land-
wirthschaftlichen Beschäftigungen! Dem Landmanne, selbst der gering-
sten Magd, konnte es gar nicht in den Sinn kommen, ihre Arbeiten
in Feld, Garten und Stall für geringe niedrige Beschäftigungen zu
halten, schämte sich doch die Kurfürstin — eine Königstochter —
solcher Arbeiten nicht! Wie geehrt sah sich nicht ferner der Landmann
und wie ermuthigt fühlte er sich, seine oft so mühevollen Beschäf-
tigungen mit neuer Liebe und Sorgfalt fortzusetzen, sobald ihm das
Glück zu Theil geworden war, den Kurfürsten bei sich gesehen zu
haben; denn Vater August verschmähte es nicht, Landwirthe zu be-
suchen, ihre Wirthschaft in Augenschein zu nehmen und sich mit ihnen
über ihre Angelegenheiten zu unterhalten.
Eine gleiche Aufmerksamkeit schenkte Vater August auch der
Bienenzucht. Vor Einführung der Reformation pflegte man dieselbe
auch mit deshalb, um Wachsvorräthe für die Kerzen in Kirchen und
Klöstern zu gewinnen. Nach der Reformation wurde dieser Verbrauch
zwar sehr beschränkt, aber man konnte damals den Honig in den
Haushaltungen nicht entbehren, da er die Stelle des Zuckers vertrat,
der erst hundert Jahre später (im 17. Jahrhunderte) in Gebrauch
kam. Vater August ließ die Bienenzucht in seinen Waldungen durch
besondere Zeidelmeister“) pflegen und da dieselbe im Erzgebirge und
im Voigtlande immer mehr zurückging, weil der überhand genommene
Hüttenrauch den Bienen unerträglich ward, so richtete er seine Auf—
merksamkeit besonders auf die heidereichen Gegenden des rechten Elb-
ufers. Hier zeichnete sich besonders Georg Haase als berühmter
Bienenzüchter aus, welchen Vater August so hoch ehrte, daß er ihn
als 92jährigen Greis nach Dresden kommen ließ und ihn der Kur-
fürstin als ihren besten Honiglieferanten vorstellte.
45. Waldban und Holzflößen. (Dater August in Lebensgefahr.)
Krottendorfer Marmor.
Zu Vater Augusts Zeiten besaß Sachsen weit mehr Waldungen
als jetzt. In ebenen Gegenden verwandelt man in neuerer Zeit den
Waldboden meistentheils in Feld, weil dieses mehr Nutzen gewährt
als der Wald.*) Noch weit geringer war der Ertrag der Wälder in
Zeideln bedeutet „schneiden“". „Bienenstöcke zeideln“ heißt: die-
jenigen Honigscheiben ausschneiden, welche die Bienen entbehren können,
ohne verhungern zu müssen. Der Zeidelmeister hat sich nicht ausschließlich
mit dieser Thätigkeit, sondern mit der Bienenzucht überhaupt zu beschäftigen.
Ein Zeidelmeister ist demnach ein Bienenzüchter.
*“) Es handelt sich hier blos um die höheren Erträge des Feldbodens,
wobei nicht in Betracht kommt, daß die immermehr zunehmende Ausrottung
der Wälder so manchen Nachtheil im Gefolge hat.