— 165 —
gegangen sein und ihm nicht eher Ruhe gelassen haben, bis er die ihm
vorgelegten Verordnungen unterschrieb.
Luthers Bibelübersetzung, sowie Luthers Katechismus war
dem Kanzler ebenfalls im Wege. Er bearbeitete, unterstützt von
einigen Gelehrten, eine neue Bibelübersetzung und suchte sie, wie auch
einen reformirten Katechismus, in Kirche und Schule einzuführen.
Sollte ein Religions= oder ein Predigtbuch oder sonst ein Buch reli-
giösen Inhalts gedruckt werden, so mußte man dies erst dem Kanzler
zuschicken, welcher es mit zwei anderen Männern durchsah und jede
Vertheidigung des lutherischen Bekenntnisses und jeden Angriff auf
das reformirte wegstrich. Diese und viele andere Maßregeln waren
offenbar darauf berechnet, die lutherische Kirche aus Sachsen zu ver-
drängen und die reformirte an ihre Stelle zu bringen.
Natürlich erregte dieses Streben gerade in Sachsen, wo Luther
gelebt und gewirkt hatte, die größte Besorgniß und Unzufriedenheit.
Hier und da zeigten sich sogar Aufregungen und Empörungen. Dr. Crell
ließ sich aber nicht schrecken, er behielt sein Ziel fest im Auge. Mit
Bangigkeit blickten die Gemüther in die Zukunft und besorgt fragte
man einander: Wie wird und soll das werden?
Ist die Noth am größten, ist die Hilfe am nächsten. Ganz un-
erwartet gebot der Herr aller Herren: Bis hierher und nicht weiter!
Crells Macht wurde plötzlich gebrochen. Sein mächtiger Beschützer,
der Kurfürst, erkrankte lebensgefährlich auf einer Jagd bei Colditz.
Unverweilt wurde er nach Dresden gebracht und hier starb er am
25. Sept. 1591 nach einer fünfjährigen Regierung im 31. Lebensjahre.
Da der Kurprinz erst 8 Jahre alt war, so übernahm sein Vor-
mund und nächster Anverwandte, der Herzog Friedrich Wilhelm
von Weimar, Enkel Johann Friedrich des Großmüthigen, einst-
weilen die Regierung des Landes. Dieser bekannte sich, sowie auch
die verwitwete Kurfürstin Sophie, von ganzem Herzen zur luthe-
rischen Lehre und diese in dem Kurfürstenthum Sachsen wieder zur
allgemeinen Geltung zu bringen, hielt der Herzog für eine Haupt-
aufgabe seiner Regentschaft. Unverzüglich setzte er dem Schalten und
Walten des Kanzlers Crell ein Ziel. Noch vor der Beisetzung der
kurfürstlichen Leiche wurde Dr. Crell, als er aus der Kanzlei nach
Hause ging, verhaftet und es wurden die Zimmer in seinem Hause
(das vormalige Hôtel de Pologne auf der jetzigen Schloßstraße) ver-
siegelt. Um die Flucht des Gefangenen unmöglich zu machen, wurde
er auf den Königstein abgeführt und hier zehn Jahre lang in strengem
Gewahrsam gehalten.
Damit begnügte sich aber Friedrich Wilhelm noch nicht.
Dr. Crell wurde in Anklagezustand versetzt und schwerer Verbrechen
beschuldigt. Hier sei nur das eine erwähnt, daß er sich, wie es auch
in Wirklichkeit so war, in Religionssachen die größten Gewaltschritte