Full text: Geschichte des Königreichs Sachsen mit besonderer Berücksichtigung der wichtigsten culturgeschichtlichen Erscheinungen.

— 324 — 
1759 stand er 60 000 Russen und Oesterreichern bei dem Dorfe 
Kunnersdorf, 1 Meile östlich von Frankfurt, gegenüber. Hier 
wurde ihm sein Kriegsglück gänzlich untreu. Sein ganzes Heer ging 
fast zu Grunde und 165 Kanonen fielen in des Feindes Hände. 
Friedrich hielt nun alles für verloren; sein Glücksstern schien zu er- 
bleichen. So wäre es sicherlich auch gekommen, hätte der russische 
Feldherr seinen glänzenden Sieg benutzt. Ohne Schwertstreich konnte 
er sich in den Besitz Berlins setzen, was Friedrich auch fürchtete. 
So günstig die Gelegenheit zur Vernichtung des Gegners war, 
so ließen sie doch die Sieger unbenutzt vorüber gehen. Kaum dürfte 
in der Kriegsgeschichte ein zweites Beispiel von so unerhörter Nicht- 
beachtung der günstigsten Umstände vorkommen. Friedrich hielt anfangs 
die glückliche Wendung seiner Lage für kaum möglich; indes wurde 
die Freude über dieselbe sehr bald wieder getrübt. Von Beginn des 
Krieges bis 1759 behauptete er Dresden und er betrachtete diesen 
Platz als einen der wichtigsten Punkte. Dieser sollte ihm entrissen 
werden. Von allen Seiten sah sich Schmettau in Dresden bedroht, 
und damit zog über diese Stadt ein neues, furchtbares Unglück herauf. 
Eines Tages erklärte Schmettau dem Stadtrathe, er müsse seiner 
Sicherheit wegen auch die übrigen Vorstädte niederbrennen. Bei 
allem, was ihm heilig war, beschwor man den Kommandanten, die 
Stadt nicht abermals ins Unglück zu stürzen. Alles Bitten, Flehen 
und Jammern war umsonst. Massen von Brennstoff wurden in den 
Häusern aufgehäuft. Am 30. August früh 6 Uhr gab ein Kanonen- 
schuß das verhängnißvolle Zeichen zu Dresdens neuem Unglück. 
Zunächst gingen nur einige Häuser in hellen Flammen auf. Um 
7 Uhr setzten 3 andere Kanonenschüsse die zitternden Einwohner in 
neues Schrecken, und bald darauf umgab die innere Stadt ein unab- 
sehbarer Feuerkranz. Mit blutendem Herzen sandten die unglücklichen 
Bewohner noch einen thränenvollen Blick nach dem „Grabe ihrer 
Habe“. 
Schmettau erreichte durch diese unheilvolle Verwüstung nichts, 
er mußte Anstalten zur Uebergabe der Stadt an die Oesterreicher treffen. 
Man gestattete ihm und seinen Truppen freien Abzug und die Mit- 
nahme der vom sächsischen Gelde gefüllten Kriegskasse. Auf langen 
Wagenzügen wurden 15, nach anderen Angaben 27 Millionen Mark 
ausgeführt. Hätte sich Schmettau noch einen halben Tag zu halten 
versucht, so wäre vielleicht alles ganz anders gekommen; denn kaum 
war die Kapitulation unterzeichnet, so kündigten Kanonenschüsse die 
Annäherung der Preußen an. Die preußischen Offiziere innerhalb 
der Stadt wollten nun von der Kapitulation nichts wissen, allein 
Schmettau hielt seine geleistete Unterschrift aufrecht. Nach Friedrichs 
Meinung hatte Schmettau Dresden nicht lange genug zu halten ver- 
sucht, weshalb er in Ungnade fiel und zu Festungshaft verurtheilt ward.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.