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und immer noch schwankte das Kriegsglück hinüber und herüber. Auf
einmal gab Napoleons Feldherrngenie den Ausschlag. Er stellte seine
junge Garde in Vierecke auf, gab ihr 80 Kanonen mit und schob sie
gegen den Feind vor. Gegen diesen furchtbaren Anprall war jeder
Widerstand vergeblich. Die Verbündeten zogen sich zurück.
Die Walstatt behauptete Napoleon. Jetzt zeigte sich auf
französischer Seite der Mangel an Kavallerie recht empfindlich. Der
Sieger konnte den Feind nicht verfolgen und so geschah der Rückzug
in bester Ordnung.
Das nächste Ziel der verbündeten Heere war wiederum Dresden.
Napoleon folgte seinen Gegnern auf dem Fuße. In Dresden hielten
sich diese nicht sicher. Sie steckten das Balkengerüste, das sie über
den zerstörten Theil der Brücke errichtet, in Brand und nachdem sie
sich über eine Schiffbrücke auf das rechte Elbufer zurückgezogen hatten,
loderten auch von diesem Verbindungsmittel die Flammen empor und
der schwarze Rauch hüllte den Himmel in einen Trauerflor.
Plötzlich erschien auf dem Altmarkte ein französischer Trompeter
und rief mit weithin schallender Stimme: „Es lebe der Kaiser!“ Welch
ein Bild bot Dresden wieder in einigen Tagen dar! Ein französisches
Regiment nach dem andern kam heran gewälzt. Mitten durch dieses
Gewühl drang die Nachricht, daß der Kaiser selbst im Anzuge sei.
Sein Stiefsohn, der Vicekönig Eugen von Italien, ein menschen-
freundlicher Herr, machte die Bürger Dresdens aufmerksam, daß der
Kaiser das Verhalten der Bewohner bei Sprengung der Elbbrücke
noch nicht vergessen habe, weshalb er rathe, ihn beim Einzuge um
Gnade für die Stadt zu bitten. Dieser Wink wurde befolgt. Zwar
warf der Kaiser den Abgeordneten strafende Blicke zu, versprach aber
die Stadt um des Königs willen zu schonen.
Unverzüglich verschritt Napoleon zur Herstellung der zerstörten
Elbbrücke. Binnen 24 Stunden sollte sie wieder passirbar sein. Vier
Stunden lang leitete er den Bau selbst, und als man des Nachts bei
Fackelschein die Arbeit fortsetzte, erschien er abermals und legte selbst
mit Hand ans Werk. Nach der festgesetzten Frist war alles fig und
fertig, und sofort marschirten in einer Zeit von 10 Stunden
80 000 Mann nach Neustadt-Dresden.
Während dieser Vorgänge weilte unser König immer noch in Prag
und harrte mit steigender Besorgniß auf eine Erklärung Oesterreichs.
Sie blieb aus. Von Dresden her kam dagegen auf schäumenden Rossen
ein Courier nach dem andern, Napoleons Aufforderung überbringend,
der König solle sich erklären, ob er in sein Land zurückkehren wolle,
oder nicht. Was war in dieser verhängnißvollen Lage zu thun?
Rußland und Preußen hatten die erste Schlacht verloren. Beide
Heere mußten sich in wenig Tagen wieder dahin zurückziehen, von
wo aus sie vorgedrungen waren. Sachsen überschwemmten die sieg-