Full text: Geschichte des Königreichs Sachsen mit besonderer Berücksichtigung der wichtigsten culturgeschichtlichen Erscheinungen.

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Die Nacht verging, ohne daß die Verbündeten irgend einen 
Versuch zum Sturm unternommen hätten. Offenbar war dies ein 
großer Fehler. Sicherlich wäre die Stadt in ihre Gewalt gefallen, 
da die Franzosen zur längeren Vertheidigung der ausgedehnten 
Festungswerke viel zu schwach waren. 
Am 26. August sollte Dresdens Schicksal entschieden werden. 
Dumpfer Kanonendonner begrüßte den Morgen in schauerlicher Weise. 
Ein grauer Wolkenflor verhüllte den Himmel. Geschäftige Hände 
trugen Wasser auf die Böden. Auf einmal entwickelte sich auf der 
rechten Elbseite von der Bautzener Straße her ein reges Leben. Es 
zeigten sich anfangs einzelne französische Soldaten, dann folgten 
Reitpferde und Equipagen Napoleons. Jetzt erschien der Kaiser selbst. 
Wie ein Lauffeuer durchflog diese Nachricht die Stadt. 
Welch geistige Gewalt Napoleon auf sein Heer auszuüben ver- 
mochte, beweist unter anderem auch dieser verhängnißvolle 26. August. 
Neues Leben pulsirte in den heißblütigen Franzosen. Ihr Vertrauen 
auf ihren Kaiser und zu seinen unfehlbaren Siegen war ein un- 
begrenztes. Wie unklug die Verbündeten gehandelt, daß sie den Sturm 
auf Dresden verschoben, zeigte sich sofort nach Napoleons Ankunft. 
Ihm folgten nämlich 60—70 000 Mann auf dem Fuße. 
Napoleon hatte in Schlesien von dem Vordringen der Ver- 
bündeten nach Sachsen Kunde erhalten. Sogleich durchschaute er 
ihren Plan, der dahin ging, das französische Heer in Schlesien zu 
umgehen und es von jeder Verbindung abzuschneiden. In Sturm- 
märschen verließ er deshalb jene Provinz, um seinen Gegnern zuvor- 
zukommen. Daß es zur Ergreifung dieser Maßregel die höchste Zeit 
war, beweist die Stellung der Verbündeten, die sie bereits bei Dresden 
eingenommen hatten. 
Nachdem Napoleon am 26. mittags dieselbe noch einmal 
beobachtet hatte, führte er nachmittags seine Armee hinaus gegen 
den Feind. Um 4 Uhr entbrannte der Kampf. Ueber einzelne 
Theile der Stadt ergoß sich ein furchtbarer Kugelregen. Dröhnende 
Kanonen machten die Erde erbeben. Abends 6 Uhr drückten die 
Verbündeten mit der ganzen Macht ihrer Kolonnen gegen die Stadt; 
aber auch die junge französische Garde verrichtete, angefeuert durch 
Napoleons Gegenwart, Wunder der Tapferkeit. Einigemale fand 
man den Kaiser mitten im dichten Kugelregen, und als (vor dem 
Falkenschlage) ein Ordonnanzoffizier an seiner Seite niedergestreckt 
wurde, veränderte sich die kalte Ruhe auf seinem marmornen Angesicht 
nicht im geringsten. 
Die einbrechende Nacht setzte dem Kampfe ein Ziel. Der Geschütz- 
donner schwieg. Die Verbündeten zogen sich auf die Anhöhen zurück, 
wo auflodernde Wachtfeuer weithin leuchteten. In das Wimmern 
der Verwundeten mischte sich unter anderem auch das Jammergeschrei
	        
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