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der Bewohner Strießens. Dieses Dorf hatten die Russen besetzt.
Einen Sturm nach dem andern schlugen sie ab; da beschossen die
Franzosen das Dorf endlich mit Granaten. Diese zündeten, und
bald darauf wogte ein Feuermeer über diesem unglücklichen Orte.
Die Nacht vom 26. bis 27. August brachte zwar Waffenruhe;
allein in und außerhalb der Stadt herrschte ein Getöse, das die Er-
neuerung des Kampfes am folgenden Tage mit Sicherheit befürchten
ließ. Derselbe wurde auch früh 6 Uhr wieder aufgenommen. Der
Himmel öffnete seine Schleusen und der Regen strömte in Massen nieder.
Kurz nach 6 Uhr verließ Napoleon das königliche Schloß und
ritt vor die Stadt hinaus, um den begonnenen Kampf selbst zu
leiten. An der Stelle, wo jetzt das Blindeninstitut steht, ließ er sich
ein Zelt errichten, ein großes Feuer anzünden und ordnete von hier
aus den Gang der blutigen Ereignisse. Sein Schlachtplan war ein
höchst fein angelegter. In der Richtung des großen Gartens hin
hatten die Verbündeten ihren rechten, in der Gegend von Löbtau
ihren linken Flügel und in der Gegend von Leubnitz bis Plauen ihr
Centrum aufgestellt. Scheinbar richtete Napoleon seinen Hauptangriff
aufs Mitteltreffen, um hier seine Gegner zu beschäftigen, während er
doch sein Hauptaugenmerk auf die beiden Flügel lenkte. Diese wollte
er vom Centrum abschneiden und dadurch dasselbe nöthigen, sich nach
der Dippoldiswalder Gegend zurückzuziehen. Im Erzgebirge, dessen
Straßen durch den heftigen Regen ganz unwegsam geworden waren,
hoffte Napoleon seine Feinde zu vernichten. Ein Entkommen nach
Böhmen sollte dadurch verhindert werden, daß ein französisches Armee-
corps die Ausgänge dahin besetzen mußte. Hätte Napoleon über
mehr Streitkräfte zu verfügen gehabt, so wäre die Hauptmacht der
Alliirten in den nächsten Tagen der Vernichtung nicht entgangen.
Bei Dresden verlief fast alles nach Napoleons Wunsch. Nach-
mittags ging ihm eine Kunde zu, welche seine Siegeshoffnung zur
Gewißheit werden ließ. In der Gegend von Gorbitz hatte sich ein
österreichisches Armeecorps aufgestellt. Plötzlich sah sich dies von
französischer Kavallerie umringt. An Widerstand war nicht zu denken,
da die Oesterreicher von aller Kavallerie entblößt waren. Die Ueber-
fallenen warfen sich auf die Erde und hielten die Bajonette kreuzweis
über einander. Im Ganzen streckten 13 000 Mann das Gewehr.
Alles, vom Feldmarschall an bis zum Geringsten herab, gerieth in
Gefangenschaft. Der Anblick der Gefangenen, welche in den Dresdner
Kirchen und in großen Sälen untergebracht wurden, war ein höchst
kläglicher.
Der Theil des linken Flügels, welcher das Dorf Döltschen
besetzt hielt, wurde ebenfalls von den Franzosen zurückgeworfen, wo-
bei der Ort in Flammen aufging. Dieser Flügel der Verbündeten
war so gut wie vernichtet.