Full text: Geschichte des Königreichs Sachsen mit besonderer Berücksichtigung der wichtigsten culturgeschichtlichen Erscheinungen.

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Nach 5 Uhr kehrte Napoleon, von Regen triefend, als Sieger 
in die Stadt zurück. Neue Pläne mochten seinen unruhigen Geist 
durchkreuzen und neue Hoffnungen sein Gemüth erfüllen. Die nächste 
Zukunft sollte freilich alles anders gestalten. Es war sein letzter 
großer Sieg auf deutschem Grund und Boden. Sicherlich war er 
derjenige, der dies am allerwenigsten ahnte, zumal da ihn dieser Tag 
noch von einem Feinde befreite, dessen Feldherrntalent er gewaltig zu 
fürchten hatte. Es war dies sein ehemaliger Landsmann, der General 
Moreau. Schon früher als Konsul hatte er diesen Mann fürchten 
müssen. Moreau hatte nämlich durch sein außerordentliches Feldherrn- 
talent nicht allein die Bewunderung, sondern durch seinen edlen 
Charakter sich auch die Liebe und Verehrung der Franzosen erworben. 
Diesen Mann konnte der erste Konsul nicht neben sich dulden, und es 
fand sich auch bald eine Veranlassung, ihn unter dem Scheine des 
Rechts in die Verbannung zu schicken. Im Jahre 18084 schiffte sich 
Moreau nach Amerika ein. 
Dieses erfahrenen Mannes Rath suchte der russische Kaiser im 
Kampfe mit Napoleon und forderte ihn auf, nach Europa zurück- 
zukehren. Seit Kurzem bei der Hauptarmee der Verbündeten ein- 
getroffen, überwachte Moreau den Gang der Schlacht bald hier, bald 
da. Am 27. August vormittags befand er sich auf der Anhöhe hinter 
dem Wege, der von Räcknitz nach Zschertnitz führt. Im Begriff, 
zu Kaiser Alexander zu reiten, der sich etwas links von ihm nach dem 
Dorfe Räcknitz zu aufhielt, brach auf einmal sein Pferd zusammen. 
Eine Kanonenkugel, aus einer französischen Batterie entsendet, hatte 
den Leib des Schlachtrosses durchbohrt und dabei beide Beine des 
Generals zerschmettert. Sogleich brachte man den schwer Verwundeten 
nach Nöthnitz in Alexanders Hauptquartier, wo man ihm die Beine 
ablöste. Hierauf trug man ihn auf einer Bahre nach Laun in Böhmen, 
wo er 5 Tage später seinen Leiden erlag. 
An der Stelle, wo Moreau tödtlich verwundet ward, errichtete 
man ihm zu Ehren 1814 ein Denkmal und setzte unter demselben 
seine Beine am Tage der Einweihung bei.“.) Dasselbe besteht aus 
einem großen Syenitwürfel mit eisernem Helm und Schwert und führt 
*) Moreau's abgelöste Beine wurden schon am 27. August in Nöthnitz 
begraben. Später grub man sie wieder aus, legte sie in eine Urne und 
setzte sie unter dem Denkmal (4. November 1814) bei, während Moreau's 
Leiche nach Petersburg übergeführt ward. Im Volksmunde hat sich bis auf 
den heutigen Tag die Ansicht fortgepflanzt, daß Dresden seine Errettung 
Moreau's Tode zu verdanken habe. „Wäre dieser nicht gefallen, so wäre 
Dresden erstürmt worden", heißt es im Volke allgemein. Diese Ansicht ist 
irrig. Am 27. August konnte von Erstürmung der Stadt nicht mehr die Rede 
sein. An diesem Tage war Napoleon der angreifende Theil.
	        
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