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die Inschrift: „Moreau der Held fiel hier an der Seite Alexanders
den 27. August 1813.“ Zugleich pflanzte man um dasselbe drei
Eichen, welche auf die drei verbündeten Monarchen von Rußland,
Oesterreich und Preußen hindeuten. Der Sieg war erkämpft. Dresden
war frei. Die Verbündeten zogen sich zurück, aber das Bild, das
Dresdens Umgegend, sowie die innere Stadt, ferner die Dippoldis-
waldaer und die Altenberger Gegend lieferte, war ein grauen-
haftes. Die retirirenden Truppen plünderten die Dörfer, führten
das Vieh fort, traten die Felder nieder, zwangen die gänzlich ver-
armten Bewohner zur Herbeischaffung von Brot und anderen Lebens-
mitteln, hieben die Bäume nieder, schleppten Tische, Stühle, Bänke,
ja selbst die Dielen ins Lager und warfen sie ins Wachtfeuer.
Noch schrecklicher war aber das Elend in Dresden. Gegen
18.000 halbverhungerte Gefangene füllten die Kirchen und andere
Räume, und 24 Lazarethe waren Stätten des entsetzlichsten Elends.
Da fehlte es an Pflege, an Krankenwärtern, an Aerzten, an Medicin,
an Verbandzeug. Das Lazarethfieber raffte täglich Hunderte von
Soldaten weg, und die Seuche drang wie ein Würgengel in die
Häuser der Einwohner. Eltern und Kinder, Herrschaften und Dienst-
boten, Meister und Gesellen lagen am Nervenfieber danieder. Ver-
geblich sahen sie sich in ihrem Elend nach Hilfe um; an ärztlichen
Beistand war bei Tausenden nicht zu denken.
Gegen Ende des Jahres überstieg die Noth alle Vorstellung.
„Alle Morgen“, erzählt Klemm, „wurden die Todten auf Wagen
geladen und fuderweise auf die Kirchhöfe geschafft, wo sie bisweilen
Tage lang aufgeschichtet lagen, bis sie in große Gruben gescharrt wurden.
Es kam dabei vor, daß man noch lebende Soldaten mit auf die
Leichenwagen und in die Gruben warf. Daher kam es, daß die
Soldaten lieber auf den Kothhaufen, unter freiem Himmel, oder in
den Hausfluren und auf den Treppen starben, als in das Lazareth
gingen. Die Zahl der Kranken mehrte sich, da es an Lebensmitteln
gebrach. Die Mühlen standen still, die meisten Bäcker hatten ihre
Werkstätten geschlossen, manche Lebensmittel waren gar nicht zu er-
langen. Das Pfund Butter stieg auf 4 Mark, 6 Liter Kartoffeln auf
1 Mark, ein Ei auf 30—40 Pf., ein Liter Milch auf 60—70 Pf.,
und mancher Apfel wurde mit 10 Pf. bezahlt. Täglich wurden über
30 Pferde geschlachtet, und der Soldat erhielt täglich 6 Loth Pferde-
fleisch. Bleich und abgezehrt wankten die Soldaten durch die Straßen
und bettelten von den Einwohnern um eine kleine Labung!“
Am Schlusse des Jahres 1813 hatte man in Dresden 21.090
Militärpersonen und 5562 Einwohner beerdigt; die 23.000 Leichen,
welche das Schlachtfeld nach dem 26. und 27. August bedeckten, nicht
mitgerechnet.