Full text: Geschichte des Königreichs Sachsen mit besonderer Berücksichtigung der wichtigsten culturgeschichtlichen Erscheinungen.

— 396 — 
Am 14. Oktober begann das erste ernste Vorspiel zu dem 
furchtbaren Riesenkampfe, der bald entbrennen sollte. Bei Liebert— 
wolkwitz kam es zu einem hitzigen Reitergefechte, in welchem die Alliirten 
zwar aufs neue erfuhren, was französische Tapferkeit zu bedeuten 
habe, in welchem aber auch die Franzosen erkannten, was für sattel- 
feste Gegner ihnen jetzt entgegenstanden. Fast wäre es einem preußischen 
Offizier gelungen, den König Murat gefangen zu nehmen. Als er 
aber mit den Worten nach ihm griff: „Halt, König!“ stieß ihm ein 
Franzose den Degen durch den Leib. Abends 5 Uhr wurde der 
Kampf eingestellt. 
Den 15. Oktober verbrachte man mit Zurüstungen. Jetzt däm- 
merte der Morgen des 16. Oktober herauf. An diesem Tage sollte 
die blutigste aller Arbeiten beginnen. Der Oberbefehlshaber der 
Verbündeten, Fürst Schwarzenberg, wollte bei Wachau und 
Liebertwolkwitz den Kampf in Angriff nehmen, und im Norden 
von Leipzig sollte Blücher gleichzeitig vorgehen. Ob letzteres 
geschehen werde, konnte Schwarzenberg nicht mit Sicherheit annehmen. 
Verabredeterweise ließ er daher in der Nacht zum 16. drei große 
weiße Raketen zu dem dunkeln Himmel aufsteigen, worauf bald im 
Norden Leipzigs vier rothe Raketen die Antwort überbrachten. 
Es war früh gegen 9 Uhr. Eine Wolkendecke überzog den 
Himmel, der sich später aufheiterte. In einer Baumallee bei Wachau 
stand ein Feldtisch. Hier schritt ein Mann, ernst aussehend und mit 
auf dem Rücken zusammengeschlagenen Händen, auf und ab, links 
und rechts Befehle ertheilend. Adjutanten sprengten auf dampfenden 
Rossen herbei und eilten mit Verhaltungsbefehlen nach allen Rich- 
tungen weiter. Es war niemand anders, als der Kaiser Napoleon, 
der von hier aus die Ereignisse des Tages leitete. 
Nicht weit von Güldengossa hielt auf einer Anhöhe der Kaiser 
Alexander von Rußland und der König Friedrich Wilhelm von 
Preußen. 
Der Angriff der Verbündeten geschah mit solch einem Ungestüm, 
daß die Franzosen anfangs ein wenig zurückwichen. „Eine unerhörte 
Kanonade begann auf beiden Seiten und wurde 5 Stunden lang so 
heftig fortgesetzt, daß die Erde im eigentlichen Sinne des Wortes er- 
bebte, und die ältesten Krieger versicherten, solch ein entsetzliches 
Krachen noch niemals gehört zu haben.“ Scchs Angriffe auf Liebert- 
wolkwitz wurden von den Franzosen zurückgeschlagen. Napoleon hatte 
nach einem fünfstündigen Kampfe einige Vortheile errungen. Diesen 
günstigen Augenblick benutzend, gab er die Rolle der Vertheidigung 
auf und verschritt zum Angriffe. Seine ganze Macht setzte er in 
Bewegung. Zunächst hatte er es auf das Centrum abgesehen, und 
damit diesem keine Hilfe zugeführt werden könne, sollten auch die 
beiden Flügel beschäftigt werden. Schwarzenberg beobachtete die
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.