Full text: Geschichte des Königreichs Sachsen mit besonderer Berücksichtigung der wichtigsten culturgeschichtlichen Erscheinungen.

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schädigt werden; Sachsen dagegen solle an Preußen fallen. Anfangs 
däuchte dies den Sachsen ein Märlein zu sein; als aber Repnin 
erklärte, daß die Verwaltung des Landes in die Hände der Preußen 
übergehen werde, und als er zugleich verordnete, daß man in den 
allgemeinen Kirchengebeten den König Friedrich August und seine 
Familie nicht mehr nennen, sondern blos sagen solle: „Wir bitten 
auch für die hohe Landesherrschaft“ — da erfaßte jeden echten 
Patrioten die größte Muthlosigkeit. 
Dem Worte folgte sehr bald die That. Am 8. November 1814 
übernahmen die Preußen die Verwaltung unsers Landes. 
Verfuhren sie auch mit demselben und seinen Bewohnern ganz fein 
und säuberlich, so verschwiegen sie doch nicht, daß alles nur ein vor- 
übergehender Zustand sei, und daß Sachsen in kurzem Preußen ganz 
zufallen werde. Die Aufregung der Gemüther war grenzenlos. 
Suchte man im Hause des Herrn Trost, da drang das Wort im 
Kirchengebet: „Hohe Landesherrschaft“ wie ein zweischneidiges Schwert 
in die Seele. 
Die Liebe hört nimmer auf. Das bekundete sich in jener schweren 
Zeit der Prüfung aufs herrlichste. Mehrere ehrenwerthe Bürger 
Dresdens gingen die preußische Landesregierung wiederholt an, daß 
die von dem Fürsten Repnin erlassene Verordnung wieder zurück- 
genommen werden möchte. Alles Bitten war vergeblich. Zwar höchst 
freundlich, aber doch ganz entschieden wurde den Bittenden erklärt, 
daß es die Umstände nicht gestatteten, die erlassene Verordnung auf- 
zuheben. Was öffentlich zu thun nicht erlaubt war, das that man 
desto inbrünstiger im stillen Kämmerlein: Man erflehte im heißen 
Gebete vom König aller Könige Hilfe und Schutz für den vielgeprüften 
irdischen König. 
Wenn in Sachsen allgemeine Bestürzung bei dem Gedanken an 
das künftige Schicksal des theueren Vaterlandes herrschte, so 
regte diese Frage die Gemüther der in Wien versammelten hohen 
Herren ebenfalls auf. Rußland und Preußen hatten nämlich am 
23. Februar 1813 (in Kalisch) folgendes Uebereinkommen getroffen: 
Rußland erhält als Kriegsentschädigung die sämmtlichen Provinzen 
Polens, Preußen dagegen das Königreich Sachsen. 
Als man in Wien mit diesem Vorschlage hervortrat, erhob sich 
von allen Seiten der heftigste Widerspruch. Von den deutschen 
Fürsten nahmen sich besonders der Herzog von Sachsen-Coburg und 
der König von Bayern des Königs von Sachsen an. England, 
Oesterreich und namentlich Frankreich thaten ein Gleiches. Fast in 
allen europäischen Ländern — Preußen und Rußland natürlich aus- 
genommen — erhoben sich ebenfalls Stimmen zu Gunsten Sachsens. 
Es sei ganz unmöglich — meinte man — daß die Verbündeten ihr 
gegebenes Wort: „Sie seien nicht ausgezogen, zu erobern“ — brechen
	        
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