Full text: Geschichte des Königreichs Sachsen mit besonderer Berücksichtigung der wichtigsten culturgeschichtlichen Erscheinungen.

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Pläne, sowie in allen seinen Einrichtungen gestört. Bald hatte er 
seine Pferde und sein Geschirr, bald eine Anzahl seiner Leute auf den 
Edelhof abzuschicken. Sehr natürlich, daß der Wunsch nach Aenderung 
dieser drückenden Verhältnisse mit jedem Jahre stärker hervor trat. 
Wie sollte diesen Uebelständen aber abgeholfen werden, damit keinem 
Theile Unrecht geschähe? Endlich fand sich ein Ausweg, und noch 
dazu ein solcher, welcher von dem berechtigten Rittergutsbesitzer und 
dem verpflichteten Bauer als ein sehr annehmbarer bezeichnet wurde. 
Ein Beispiel mag dies veranschaulichen. Gesetzt, der Bauer 4. 
hätte auf das Rittergut B. 6 Tage lang 2 Pferde mit Pflug und 
hierzu einen Knecht zu stellen. Da der Bauer diese 2 Pferde füttern 
und seinen Knecht beköstigen mußte, und da er Knecht und Pferde 
diese 6 Tage nicht für sich verwenden konnte, so wollen wir den 
täglichen Verlust nach jetzigem Gelde nur auf 2.2, also in 6 Tagen 
auf 12 = anschlagen. Wollte der Bauer Knecht und Pferde dem 
Edelmann nicht mehr stellen, so hätte er ihm jährlich 12“ Ent- 
schädigung zu zahlen gehabt. Zu Entrichtung dieser 12•4“ würde 
er jahraus jahrein, ja für alle Zeiten verpflichtet gewesen sein. 
Um dem Edelmann zu alljähriger Einnahme dieser 12•77 Ent- 
schädigung zu verhelfen, gab es noch ein zweites Mittel. Zahlte der 
Bauer A. ein für allemal 300 Kapital an den Berechtigten, 
so gelangte dieser alljährlich in den Besitz von 12 7 Zinsen. Der 
Bauer hätte sich auf diese Weise von seiner Verpflichtung für immer 
befreit, ohne daß der Rittergutsbesitzer beeinträchtigt worden wäre. 
Mit anderen Worten, der Bauer hätte seine Frondienste für alle 
Zeiten abgelöst. 
So leicht dies aussieht, so leicht konnte aber das Geschäft nicht 
abgewickelt werden. Das Entschädigungskapital betrug oft nicht blos 
Hunderte, sondern Tausende von Mark. Solch eine Summe sogleich 
aufzubringen, waren natürlich nur sehr wenig Verpflichtete im Stande. 
Da sschlug sich die Regierung ins Mittel. Sie erklärte sich bereit, 
das Kapital an den Berechtigten auszuzahlen. Gehen wir zur größeren 
Veranschaulichung wieder auf 300 -“ zurück. Der Berechtigte er- 
hielt ein 100thäleriges Staatspapier unter dem Namen: Land- 
rentenbrief, wovon er jährlich 3K Thlr. (10 -) Zinsen bezog. 
Der Verpflichtete, d. h. derjenige, für welchen die Regierung diese 
100 Thlr. (300.2) zahlte, mußte jährlich für dieses Kapital 4 Thlr. 
(12.—2) Zinsen an die Regierung entrichten. Dadurch gewann sie an 
jenen 300..2 Kapital 2.7 Zinsen. Mit Hilfe dieser 2, zu denen 
jedes Jahr immer wieder 2 —7 hinzukommen, wird die Regierung 
endlich in den Stand gesetzt, jene 300 3 Schuld zu tilgen. Und 
dies geschieht, Zins auf Zins gerechnet, nach 55 Jahren. Von da ab 
hat der Verpflichtete keine Zinsen mehr zu zahlen, seine Frondienste 
sind für immer abgelöst.
	        
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