Full text: Geschichte des Königreichs Sachsen mit besonderer Berücksichtigung der wichtigsten culturgeschichtlichen Erscheinungen.

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er zu dem obenerwähnten Priester: „Damit will ich den Kindern 
meines lieben Bruders eine Freude machen. Ich selbst habe keine 
Kinder; nun sind die Kinder meines Bruders auch meine Kinder; ich 
versichere, wir leben so ganz in Frieden und Eintracht; sind ja Frieden 
und Eintracht so köstliche Güter dieser Welt!“ 
Wie unerschrocken der König den Gefahren der Reise entgegen 
trat, zeigte sich namentlich an diesem Tage. Nicht weit von dem 
genannten Alpenhause kamen die Reisenden in die Nähe eines Weilers, 
wo sich acht Tage vorher ein gewaltiger Felsblock abgelöst hatte, 
welcher krachend herabgerollt war. Vor jenem Orte von einem 
benachbarten Pfarrer bewillkommnet, wurde der König von letzterem 
gebeten, jene gefahrvolle Stelle auf einem Seitenwege zu umgehen. 
Allein Friedrich August schritt unerschrocken weiter. Kaum war man 
vorüber, da „ging eine furchtbare Steinbatterie los, die den Staub hoch 
in die Lüfte hinaufwirbelte und mit donnerartigem Tosen in die Tiefe 
hinabstürzte, wo die ungeheuren Felsmassen mit solcher Gewalt zer- 
schellten, daß die Splitter nach allen Seiten herumflogen — ein 
wahrhaft furchtbares Schauspiel, das der König mit größter Ruhe 
betrachtete." 
Abends ½10 Uhr war Silz erreicht. Der König stieg im 
Gasthofe zur Post ab, schrieb noch einen Brief — es war der letzte 
in seinem Leben — an seine in Bayern zurückgebliebene Gemahlin 
und begab sich gegen 12 Uhr zur Ruhe. 
Am nächsten Tage — es war der verhängnißvolle 9. August — 
reiste der König morgens um 7 Uhr ab und verabschiedete sich mit 
den Worten von dem Priester Morigl: „Bleiben Sie meiner im 
Gebete eingedenk!“ Jetzt bestieg der König seinen eigenen Wagen, 
welcher mit Postpferden bespannt war. Gegen 9 Uhr erreichte man 
Imst. Von hier aus sollte dem nahen Pitzthale ein Besuch abgestattet 
werden. „Nur noch das Pitzthal“, hatte der König am Abend vorher 
gesagt, „und es giebt in Tyrol kein Thal von Bedeutung mehr, das 
ich nicht kenne.“ Allein dieses Thal sollte sein Auge nicht schauen. 
Schon stand er an den Pforten des Todesthales, das sich ihm in 
wenig Minuten öffnete. . 
Die von Imst nach dem Eingange in das Pitzthal führende 
Straße zählt viele kurze Wendungen, weshalb der Postmeister jenes 
Ortes dem Könige den Rath ertheilte, nicht seinen eigenen, sondern 
einen kleineren Wagen zu benutzen. Man nahm deshalb ein sogenanntes 
„Einspannwägele“ und bespannte es des schlechten Weges halber 
mit zwei Pferden. Der den Wagen fahrende Postillon galt allgemein 
als ein umsichtiger, besonnener Mann. In Folge heftiger Regengüsse 
befand sich der Weg in schlechtem Zustande. Glücklich erreichte man 
das Wirthshaus zu Brennbüchl. Unterhalb desselben „ließ der Postillon 
die durchaus ruhigen Pferde ganz langsam gehen, stieg, sobald die 
Geschichte Sachsens. 29
	        
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