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Pilgerfahrt nach Palästina auszuführen. In damaliger Zeit war
solch eine Reise mit unsäglichen Beschwerden verbunden; doch diese
konnten ihn von der Ausführung seines Vorhabens nicht zurückschrecken.
Im Jahre 1476 wurde solch eine Betfahrt, wie man sie auch nannte,
angetreten. Die Vorbereitungen zu dieser Reise waren keine geringen;
so betrug z. B. die Zahl seiner Begleiter allein 106 Personen, unter
welchen sich ein deutscher Fürst und mehrere Grafen befanden. Um
einfacher reisen zu können, nahm der Herzog, wie dies fürstliche Per-
sonen oft zu thun pflegen, einen anderen Namen an und nannte sich
blos Albrecht von Grimma. Zuerst besuchte er den Papst. Als er
sich Rom näherte, kamen ihm mehrere Cardinäle und andere hohe
Geistliche, die Gesandten und so viel vornehme Herren entgegen, daß
man in dem langen Zuge 500 Pferde zählte.
An einem lieblichen Maitage bestieg der Herzog ein Schiff)
und bezahlte für die Ueberfahrt nach Palästina die damals ungeheuer
hohe Summe von 4000 Dufkaten.
Wie bequem haben es jetzt die Reisenden auf den Schiffen,
namentlich, wenn sie so gut zahlen können, wie Herzog Albert, und
wie kümmerlich, ja, wie erbärmlich mußten sich damals die See-
reisenden behelfen! Ein Begleiter des Herzogs sagt in der Reise-
beschreibung: „Wir konnten es vor Sonnenhitze und vor dem ent-
setzlichen Gestanke von Ratten, die uns des Nachts über die Mäuler
liefen, gar nicht aushalten.“ Endlich konnte man den Fuß auf
Palästinas geheiligten Boden setzen, aber nun nahmen erst die Be-
schwerden und Gefahren ihren Anfang. Auf jede nur mögliche Weise
erschwerten nämlich die Muhamedaner den Fremden die Weiterreise.
Sie verhöhnten die Pilgrime, warfen sie mit Steinen und raubten
ihnen sogar einen Theil ihres Reisegepäckes. Nach unsäglichen Mühen
war endlich Jerusalem erreicht. In gläubiger Andacht verrichtete man
hier Gebete und genoß das heilige Abendmahl. Außer Jerusalem
besuchte der Herzog noch Bethanien, Bethlehem und überhaupt 56 hei-
lige Orte, und trat hierauf die Rückreise an. Am 6. December 1476
ertönten die Glocken auf allen Thürmen Dresdens, ein langer, feier-
licher Zug von Priestern, Mönchen und Schülern bewegte sich auf
den Straßen und der größte Theil der Einwohnerschaft wogte durch-
einander — Herzog Albrecht kehrte an diesem Tage von seiner
Pilgerfahrt nach Dresden zurück. Viele, die mit ausgezogen waren,
zogen nicht mit ein. Sie waren den Beschwerden der Reise erlegen
und hatten ihr Grab in fernen Landen gefunden. Der Papst war
über diese Betfahrt des Herzogs so erfreut, daß er ihm auf 392 Jahre
Ablaß ertheilte.
*) Die Einschiffung erfolgte im Mailändischen, wohin der Herzog von
Rom aus zurückgekehrt war. rm½ b zog