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den dichten Waldungen nur einzelne unbedeutende Dörfer, und selten.
nur traf man in dieser Wüste auf menschliche Wesen. Das war eine-
glückliche Gegend für das Wild. Da konnte es ungestört hausen,
kein Wanderer setzte es in Furcht und kein Jäger schlich ihm mit
hetzenden Hunden und mit tödtlichen Waffen nach. Man nannte jene
Gegend die „wilde Ecke“. Auch hier sollte es anders und besser
werden. Ein kleiner unbedeutender Umstand soll hierzu Veranlassung
gegeben haben, und derjenige, von welchem der Anfang einer besseren
Zeit ausging, war ebenfalls ein schlichter, einfacher Mann, der wohl.
kaum ahnen mochte, daß sein Name noch nach Jahrhunderten in der
sächsischen Geschichte genannt werden würde.
Zwischen den beiden Städten Annaberg und Buchholz windet
sich ein kleiner Fluß, Sehma mit Namen, der Zschopau zu. An
seinem rechten Ufer erhebt sich der Schreckenberg, an dessen Fuße-
und auf dessen Rücken jetzt Annaberg steht. Ein armer Bergmann,
Kaspar Nitzel (aus Frohnau), fischte zuweilen in der Sehma und soll
eines Tages, außer den Fischen, auch Silbererz in dem nassen
Schoße des Flusses gefunden haben. Man suchte weiter nach und-
entdeckte am Schreckenberge reiche Silberschätze.
Nach einer anderen Angabe wäre Kaspar Nitzel auf die Ver-
muthung gekommen, der Schreckenberg möchte nicht blos gewöhnliches-
Gestein, sondern auch Erz enthalten, und er habe auf diese Ver-
muthung hin den 27. Oktober 1495 geradezu einen Versuch gemacht
und an diesem Berge nachgegraben, oder, bergmännisch zu reden, ein-
geschlagen. Zu seiner großen Freude habe er sich auch in seinen
Erwartungen nicht getäuscht. Mag Nitzel beim Fischen in der
Sehma anstatt der Forellen Silbererz, oder beim Nachgraben am
Schreckenberge anstatt tauben Gerölles reiche Silberadern gefunden
haben — genug, Kaspar Nitzel war der Entdecker der Silbererze in
dieser Gegend.
Wie fünfundzwanzig Jahre früher nach der Entdeckung mäch-
tiger Silberadern bei Schneeberg Scharen von Menschen in die-
Schneeberger Gegend eilten, um, wie man hoffte, mit einem Male
reich zu werden, so übte jetzt die „wilde Ecke“ eine gleiche Zauber-
kraft aus. Geschäftige Bergleute gruben und hackten, pochten und-
hämmerten, schaufelten und karrten, um die unterirdischen Schätze
ans Tageslicht zu bringen. Große Bequemlichkeiten konnte die Wild-
niß den Arbeitern nicht bieten. Hölzerne Buden waren ihr Oddach,
die allenfalls im Sommer, aber nicht im Winter Schutz boten. Man
wandte sich daher mit der Bitte an den Landesvater, den Herzog.
Albert, die Anlegung einer Stadt zu erlauben, wozu auch sehr gern
die Genehmigung ertheilt wurde.)
*) In Abwesenheit des Vaters geschah dies von seinem Sohne Georg
(dem Bärtigen).