Erfolge der Obotriten. 295
daß zur Bewahrung der Feste gegen alle diese Nachstellungen die Kraft seiner
wenigen Leute allein nicht ausreichte, und wandte sich deshalb zur List. Er
ließ sämtliche Deutsche sich versammeln und befahl ihnen laut, so daß die
Slawen es sehr gut vernehmen konnten: da die Slawen dem Pribislaw die
Auslieferung der Stadt und der Deutschen geschworen hätten, so sollten die
letzteren bei dem ersten Anzeichen von Verräterei die Türen der Häuser ver-
schließen und die Stadt an allen Ecken anzünden, so daß alle Verräter mit
den von ihnen Verratenen zugleich umkämen. — Als nun Pribislaw vor den
Toren von Ilow erschien und die Slawen drinnen zur Erfüllung ihres Ver-
sprechens und zur Vernichtung der verhaßten Fremdlinge aufforderte, wagten
jene nicht, seinem Verlangen nachzukommen. Auch hörte Pribislaw bald,
daß Gunzelin und seine tapfere Kriegerschar in der Festung seien: da nun die
Slawen in der Belagerungskunst ungeschickt waren und auch nicht das Schick-
sal ihres letzten Heeres an die Eroberung einer kleinen Stadt setzen wollten,
standen sie von der Belagerung Jlows ab. Gunzelin aben ließ seine Ritter
in Ilow und eilte selbst nach Schwerin, um auch dieses gegen einen dem-
nächstigen Angriff der Slawen zu sichern.
Beinahe wäre in diesen Tagen der fromme Bischof Berno von Mecklen-
burg ein Opfer seiner Pflichttreue und Unerschrockenheit geworden. Er hatte
sich nämlich von Schwerin nach dem zerstörten Mecklenburg begeben und
dort die Erschlagenen eingesegnet und begonnen, sie zu bestatten, als plötz-
lich aus einem Hinterhalte Slawen hervordrangen und den Bischof mit dem
Tode bedrohten. Aber unerwartete Hilfe rettete den kühnen Mann aus der
Not. Der märkische Ritter Reichard von Salzwedel hatte von dem Aufstande
der Obotriten gehört und war, da die Gleichheit der Interessen alle diese
Markleute mit festem Bande umschlang, mit einer Kriegerschar den Sachsen
zu Hilfe geritten. Zufällig gelangte er in die Nähe Mecklenburgs und kam
jetzt gerade recht, um die Slawen von dem Angriff auf den Bischof zu ver-
treiben").
Während Pribislaw aber Ilow und Schwerin nicht anzugreifen wagte,
begab er sich vor Malchow und Kussin und forderte die kleinen deutschen Be-
satzungen zu gutwilliger Ubergabe auf. Die Deutschen wagten im Hinblick
auf das traurige Schicksal der Mecklenburger keine weitere Verteidigung und
lieferten beide Festen aus, worauf Pribislaw sie unbeschädigt an das Elbufer
geleiten ließ.
Aber damit hatten die Erfolge der Slawen ihr Ende erreicht.
Heinrich den Löwen erfüllte dieser schnelle Zusammenbruch seiner Schöp-
fung mit Trauer und Unwillen, sofort traf er Maßregeln, weitere Unfälle
zu verhindern und das schon Verlorene wiederzugewinnen. Während er eine
Kernschar sächsischer Krieger nach Schwerin warf, befahl er dem Grafen
Adolf II. und den Vorstehern des holsteinischen Volkes, Ilow zu besetzen und
)MHelm. II, 99.