Full text: Leitfaden der Preußischen Geschichte.

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sollte wehrhaft gemacht werden, ein Volk in Waffen an Stelle des 
geworbenen Söldnerheeres treten; statt des Stocks sollten Ehr- 
gefühl und Vaterlandsliebe die Treiber sein, und Lohn und Ehre 
nur dem Verdienste zufallen. Kleidung, Ausrüstung, Übung der 
Truppen wurden nach den Bedürfnissen der Zeit verbessert, 
Fremdenwerbung abgeschafft; durch die neuen Kriegsartikel (vom 
3. Aug. 1808) die Prügelstrafe aufgehoben, die Beförderung ohne 
Rücksicht auf die Geburt, nur nach der Befähigung angeordnet. 
Auch das Volk ging in sich. Die Leichtsinnigen und Ge- 
nußsüchtigen in den oberen Ständen, die Stumpffinnigen in den 
unteren wurden durch das allgemeine Elend zur Selbsterkenntnis 
gebracht. In Berlin lehrte der Philosoph Fichte (in seinen 
„Reden an die deutsche Nation“, im Winter 1807 bis 1808), 
wie jeder die Selbstsucht von sich tun und für das Ganze wir- 
ken müsse. So predigte auch Schleiermacher in Berlin die 
Hingebung fürs Vaterland, und Moritz Arndt aus Rügen be- 
feuerte durch seine Schriften den Haß wider die Welschen. Die 
Professoren an der 1810 gestifteten Universität Berlin und 
an der Universität Breslau (1811 von Frankfurt a. O. dorthin 
verlegt) führten ihre Schüler denselben Weg. In Königsberg 
aber stifteten die Vaterlandsfreunde 1808 einen Verein, den 
„Tugendbund“, der den Zweck hatte, edle, patriotische Ge- 
sinnungen zu verbreiten. 
&+#l 74. Napoleon bemerkte bald, daß Preußen anfing, sich 
zu ermannen; aus einem aufgefangenen Briefe Steins ersah er 
dessen Ziel, und um Preußens Wiedergeburt im Keime zu er- 
sticken, legte er diesem Staate neue Lasten auf; der König mußte 
(im Pariser Vertrage 8. September 1808) den Franzosen 
die Festungen Glogau, Küstrin und Stettin als Pfand für die 
willkürlich erhöhten Kontributionen einräumen und durfte fortan 
nicht mehr als 42 000 Soldaten halten. Notgedrungen nahm 
nun Stein seine Entlassung (24. November 1808) und ging, 
da ihn Napoleon durch eine Achtserklärung verfolgte, nach Oster- 
reich, dann nach Rußland. 
Im Frühling 1809 erhob sich Osterreich, durch das Beispiel 
der Spanier ermutigt, noch einmal zum Kampfe gegen Napoleon. 
Friedrich Wilhelm blieb neutral, weil der russische Kaiser es mit 
Frankreich hielt. Da versuchte der Major Ferdinand von Schill
	        
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