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8 94. Schon bei der ersten großen Industrieausstellung
des Zollvereins, in Berlin 1844, zeigte sich der außerordentliche
Fortschritt der Gewerbe. Dieser erhielt Flügel durch die Erfin-
dungen der Neuzeit, besonders in der Benutzung der Dampfkraft
und des Maschinenwesens, der Eisenbahnen und Telegraphen.
Bei der Welt-Industrieausstellung im Krgystallpalast zu
London 1851 mußten Engländer und Franzosen sich in manchen
Stücken von dem Gewerbefleiß des Zollvereins übertroffen sehen.
Gleichen Schritt damit hielt in Preußen der Ackerbau (von
1849—1852 wurden 41/8 Million Morgen Landes urbar gemacht).
Unter den Künsten hatten auch sonst Bildhauerei und Archi-
tektur geblüht (Schinkel lgeb. 1781 in Neu-Ruppin, 1 18411,
Gottfried Schadow (geb. 1764 in Berlin, 1850), Rauch);
jetzt taten es die Malerei ihnen gleich (Berliner und Düssel-
dorfer Schule) und die Musik (die Berliner Opernkomponisten
Meyerbeer und Lortzing). In der Wissenschaft ging fortdauernd
von Preußen viel neues Licht aus: Gründung der verglei-
chenden Sprachforschung (Grimm, Bopp, Pott), der Infusorien-
kunde (Ehrenberg), der Meteorologie (Dove), der neueren
Geographie (Ritter), Erfindung des Augenspiegels (Helmholtz)
und anderes.
Die Regentschaft 1858—1861.
§ 95. Im Herbst 1857 erkrankte der König so bedenklich,
daß er in Ermangelung von Kindern seinen ältesten Bruder, den
Prinzen Friedrich Wilhelm Ludwig (geboren am 22. März 1797
zu Berlin, seit 1829 vermählt mit Augusta von Weimar) mit der
Stellvertretung in den Regierungsgeschäften betrauen mußte.
Da der König nicht genas, so trat der Prinz von Preußen am
9. Oktober 1858 die selbständige Regentschaft an. Er entließ
das Ministerium Manteuffel und bereitete eine neue Politik vor.
Schon durch die Festigkeit, mit der er während des italienischen
Krieges 1859 Preußens Interessen gegen Osterreich wahrnahm,
sowie durch seine Erklärungen bei Gelegenheit einer Zusammen-
kunft mit dem französischen Kaiser Louis Napoleon in Baden-
Baden 1860 erwarb er sich allgemeines Ansehen. Die Hauptstütze
der preußischen Macht zu verstärken, unternahm er eine Reorga-
nisation des Heeres, wobei ihm sein Kriegsminister v. Roon
treffliche Dienste leistete. Als Friedrich Wilhelm IV. am 2. Januar
1861 seinen Leiden erlag, folgte er diesem nunmehr als König.
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