Full text: Leitfaden der Preußischen Geschichte.

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untersuchte die Gründe des Glaubens und Wissens. Da aber 
die damalige Kirche solche Kritik nicht vertrug, so kam die Ge- 
lehrsamkeit aus dem Alleinbesitz der Geistlichkeit an die Laien. 
Hierzu trug die Stiftung neuer Universitäten viel bei, die den 
Wetteifer entzündeten und außer Geistlichen nunmehr hauptsächlich 
Staatsbeamte bildeten. Die geistige Bewegung richtete sich gegen 
die herrschenden Vorurteile, zunächst gegen den Glaubenszwang 
und die Ubergriffe der päpstlichen Hierarchie, überhaupt gegen die 
Mißstände der Kirche und drängte auf deren Reformatien. 
Der Mißbrauch, den in den letzten Jahrhunderten des 
Mittelalters die Päpste mit ihrer Macht trieben: daß sie viele 
geistliche Stellen statt durch Wahl der Kapitel nach eigener Will- 
kür und für Geld besetzten; daß sie bei jeder Besetzung eines 
geistlichen Amts die Einkünfte des ersten Jahres (Annaten) für 
sich nahmen; daß sie geistliche Rechtssachen den Bischöfen entzogen 
und in Rom, meist für Geld, entschieden; daß sie aus dem Ab- 
laß (nach den Lehren vom Fegefeuer und vom überschüssigen Ver- 
dienst Christi und der Heiligen) eine Geldquelle machten; kurz, 
daß sie das Geistliche mit dem Weltlichen vermengten; dieser 
Mißbrauch veranlaßte zur Untersuchung der Berechtigung des 
Papsttums überhaupt. Luther fand dasselbe in der heiligen 
Schrift nicht begründet, und er setzte diese unbedingt über die 
mündliche Tradition und die Beschlüsse von Päpsten und Konzi- 
lien. Sein Prinzip war: die einzige Erkenntnisquelle der chrift- 
lichen Glaubenswahrheit ist die Bibel, und nur durch den Glau- 
ben (Sola Fide), nicht durch Werke werden wir selig. 
Da jeder Epvangelische die Bibel lesen, der Geistliche sie auch 
in der Ursprache verstehen sollte, so kam durch die Reformation 
das Schulwesen, sowohl das elementare wie das gelehrte, sehr 
in Aufschwung. Dies, sowie die Freiheit der Forschung auch in 
religiösen Dingen und die von hier aus bald in alle Wissen- 
schaften dringende Kritik, beförderte die Aufklärung und das 
geistige Leben in den protestantischen Ländern. Was hier die 
Geistlichkeit, besonders durch Säkularisation der Kirchengüter, an 
weltlicher Macht verlor, gewann hauptsächlich der Fürst (als 
oberster Bischof der Kirche und als Regent des Staates). 
Zur Verstärkung der landesfürstlichen Gewalt führte ferner die 
Umgestaltung des Rechtswesens. Auf den Universitäten ward das 
römische Recht (codex Justioianeus) gelehrt, welches den 
Fürsten die absolute Macht, wie sie die alten Imperatoren ge- 
habt, zuerkannte und nur von studierten Richtern gehandhabt 
werden konnte. Durch dieses fremde Recht wurden die deutschen 
Rechtsbräuche, durch das Schreibwesen die Offentlichkeit und Münd- 
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