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Berlin, den 24. Mai 1865.
Unterredung mit dem sächsischen Gesand-
ten in Berlin, Grafen Hohenthal, betref-
send die schleswig-holsteinische Frage. ")
Der Aufenthalt des Erbprinzen in Kiel, der dem Ber-
liner Hofe von Anfang ein Dorn im Auge gewesen, wurde
seit dem Wiener Frieden in den maßgebenden Kreisen als
ein Eingriff in die durch das Kondominium erworbenen Rechte
Preußens angesehen. Die mannigfachen Beeinflussungen, die
von der Umgebung des Prätendenten auf die Presse, auf
die öffentliche Meinung und selbst auf die Landesbehörden
ausgeübt wurden, ließen sich allerdings nicht verkennen, ebenso-
wenig die Nachgiebigkeit, welche der österreichische Zivilkom-
missar Halbhuber, dieser Agitation gegenüber beobachtete.
„Preußen wird sich seine Position nicht nehmen lassen“, äußerte
Bismarck gegen Hohenthal, es ist imstande, mit einem
Schlage der ganzen Halbhuberei ein Ende zu machen.“
Berlin, den 1. Juni 1865.
Unterredung mit dem Kronprinzen, betref-
fend die Lösung der Herzogtümerfrage.““)
Bismarck setzte dem Kronprinzen auseinander: „Ich habe
die Annerion lange nicht so lebhaft begünstigt, wie man glaubt,
der KKönig ist viel mehr für diese Frage eingenommen als ich.
Von mir ist die Sache hauptsächlich benutzt worden, um
den Erbprinzen zu schrecken und auf ihn Eindruck zu üben.
der Zeit wohl nachmachen wird. So, meint Bismarck, würden
wir gerade jetzt den Kampf unter den günstigsten Bedingungen
aufnehmen.
*) Dr. Paul Hassel „König Albert von Sachsen“, Bd. III
Seite 206.
*“) Samwer a. a. O. S. 471.