— 94 —
In der Tat, so wie die Dinge sich durch mein Zutun ent-
wickelten, befriedigten sie mich wirklich und aufrichtig; es ist
das ein Abschluß für lange Zeit.“
Fredjung: „Wäre aber ein pragmatisches Bündnis, wie
es Durchlaucht 1879 anstrebten, nicht für spätere Zeit
wünschenswert?“
Bismarck: „Das sind Sorgen künftiger Politik und von
ihr will ich jetzt nicht sprechen. Denn man fürchtet in Berlin,
ich wolle auf die Geschäfte des Staates Einfluß üben. Das
aber ist nicht meine Absicht. Ich habe im Leben genug ge-
leistet, um mir im Alter die Muße eines Landedelmannes
zu gönnen. Jetzt habe ich wieder Zeit zu poetischer Lektüre.
So habe ich den Schiller vorgenommen und lese seine Dramen
jetzt noch einmal in der Reihenfolge ihrer Entstehung. Als
ich jüngst beim Schlafengehen die „Räuber“ vornahm, kam
ich an die ergreifende Stelle, wo Franz den alten Moor ins
Grab zurückschleudert mit den Worten :, Was? Willst du
denn ewig leben?“ Und da stand mir mein eigenes Schick-
sal vor Augen. Sie müssen indessen nicht glauben, daß ich
mich durch die Erfahrungen der letzten Jahre ergriffen fühle.
Ich bin, wenn Sie wollen, zu hochmütig, um nach allem,
was ich geschaffen habe, mich durch meine Erlebnisse erschüttert
zu fühlen. Jemand, der so viel erlebt und gewirkt hat, be-
sitzt den Anspruch auf die ihm jetzt gewährte Muße.“
Fredjung: „Deutschland wird auf die Dienste seines großen
Staatomannes nicht verzichten können.“
Bismarck: „Auch wenn man mich riefe, würde ich nicht
wieder kommen. Ich besitze nicht mehr die Spannkraft, wieder
ganz von Neuem zu beginnen, und traue mir nicht mehr die
Fähigkeit zu, dasjenige wieder in Ordnung zu bringen, was
etwa andere in Verwirrung gebracht haben. Ich werde die
mir noch beschiedene Zeit in Muße und Frieden verbringen.“