Full text: Also sprach Bismarck. Band III. 1888 - 1898. (3)

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ander, daß ich als leitender Staatsmann den Verkehr mit 
den Parteien als mein Recht betrachte. Das Recht des 
Kaisers hört an der Schwelle zum Salon meiner Frau auf. 
Natürlich war dieser Zwischenfall nur eines von den auf 
Vorrat gefertigten Gliedern zu dem Halsband, welches dem 
Herzog von Lauenburg angehängt werden sollte. 
Der Kaiser war bereits breit geschlagen, man hatte ihm 
wohl auch zugeraunt, daß ich absichtlich so lange von Berlin 
weg und aus seiner Nähe bleibe, um als selbständiger Haus- 
meier die Staatsgeschäfte über seinen Kopf hinweg zu besorgen. 
Freund Boetticher war die geeignete Persönlichkeit, um den 
Kaiser bestimmen zu helfen, daß er über den Kopf des Kanzlers 
und Ministerpräsidenten hinweg direkt mit den Ministern ver- 
handelte. Ich habe begründeten Verdacht, daß dieses „gute 
Freunderl“, wie Sie in Ihrer Landeszeitung zu sagen pflegen, 
dem Kaiser eine nur unter vier Augen entfahrene Bemerkung, 
wenn nicht brühwarm, so doch andeutungsweise hinterbracht 
hat. Dazu hatte Boetticher keine persönliche Veranlassung, 
denn er wäre ohne mich und meine hilfreiche Hand, welche 
seinen nächsten Verwandten aus einem bedenklichen Schiff- 
bruch gerettet hat, schon lange nicht mehr im Amte. Und wie 
Boetticher, so sind andere Planeten, die von meiner Sonne 
ihr Licht bezogen haben, im Handumdrehen Kometen geworden 
mit einem langen Schweif zum .. ... (Bismarck machte hier 
mit dem Zeigefinger eine Bewegung, die das Wedeln und 
Bücken zu bedeuten schien.) — — 
Der bedeutendste Antisemit war zweifellos der Hofpre- 
diger Stöcker; er hatte als ein vortrefflich unterrichteter Redner, 
dann als ein finanziell günstig gestellter und also wirtschaftlich 
unabhängiger Mann, dazu in seiner einflußreichen geistlichen 
.) Auch dem Dr. Hans Blum gegenüber gebrauchte Bis- 
marck die Wendung: „Der Befehl des Kaisers endet am Salon 
meiner Frau“. Als die „Berliner Neuesten Nachrichten“ diese 
Aeußerung „philiströs“ nannten, hielt Blum sie unbedingt auf- 
recht; vergleiche dessen Einsendung, datiert vom 28. März 1900 
im „Berliner Fremdenblatt“" Nr. 78 vom 3. April 1900.
	        
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