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Als der Besucher darauf unter Hinweis auf einige dem
widerstreitende historische Fakta den bescheidenen Einwand
erhob, daß unser gesamtes politisches Leben immer mehr auf
das wirtschaftliche Gebiet hinüberspiele, daß man große
politische Gesichtspunkte kaum noch kenne und die parlamen-
tarische Intelligenz sich in der kleinen Münze von Tarif-
positionen ausgebe, bestätigte Bismarck dies, bestritt aber, daß
rein wirtschaftliche Differenzen selbst bei der ungeschicktesten
diplomatischen Behandlung zu einem Kriege führen könnten.
„Unsere Halbgötter"“) würden das ja ganz gern sehen.
Manöverpläne ausarbeiten, mit Stecknadeln Krieg spielen
und sich den Kopf darüber zerbrechen, wofür man den
jüngsten Orden gekriegt hat, wird auf die Dauer lang-
weilig und ist, soweit die Manöver in Betracht kommen,
auch viel gefährlicher. Im Kriege entscheidet eben nicht die
Kritik, bei der jeder Stabsoffizier mit einem Bein im Zylinder
steht, sondern der Erfolg spricht das Urteil. Und was gewisse
strebsame Ordensempfänger betrifft, so sollte man ihnen ins
Stammbuch schreiben, was Friedrich der Große seiner Zeit
dem Offizier vorgehalten, der eine Dekoration abgelehnt,
weil er sie nicht vor dem Feinde verdient habe: Nehm' Er
nur, ich kann doch seinetwegen keinen Krieg anfangen.
Na, und Oesterreich, wir würden uns nach den beiderseits
gemachten Erfahrungen selbst dann noch sehr hübsch vertrager
haben, wenn unsere Unterhändler sich weniger hätten übers
Ohr hauen lassen und der Reichstag in Rücksicht gezogen hätte,
daß das eigene Hemd uns näher liegt, als ein befreundeter
Rock. Und im allerschlimmsten Falle — hätten die Oester-
reicher Frau v. Suttner; die renkt's dann schon wieder ein.
Eine sehr wohlgemeinte gute Sache übrigens, dieser ewige
Friede, in der Theorie; in der Praxis möcht’“ ich den sehen,
der mich daran hinderte, jemand, der mir mit Vor= und
Absatz auf die Leichdörner tritt — und solche gemütsrohe
—.
*) Bismarcks Bezeichnung für die Generalstäbler.