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er mir sehr fehlen, = wir hatten uns so an einander ge-
wöhnt! ·
Den Hamburgern hat man (aus Anlaß des Cholera-
Ausbruches) mit dem pharisäischen Geschimpfe schweres Un-
recht getan; der Boykott der Hamburger war ungesetzlich
und die Regierung hatte die Pflicht, sofort und wirksam die
Freizügigkeit zu schützen. Ebenso wäre es ihre Pflicht ge-
wesen, nachdem sie von ihren Konsuln in Rußland längst
die Choleraberichte empfangen hatten, öffentlich vor der Seuche
zu warnen; besonders Preußen als Grenznachbar mußte den
Verkehr überwachen. Wenn die offiziösen Blätter Recht
haben, tat man aber gerade, was man jetzt Hamburg vor-
wirft; man wollte die Handelsinteressen schonen und schwieg.
Es fehlt heutzutag an Rückgrat und auch an Detail-
kenntnis. Andere wieder werden durch die Rücksicht auf eine
große Familie und dergleichen zu einer besonders starken
Klebung gezwungen und wollen um keinen Preis von dem
Posten weichen, der sie nährt.
Das Hervortreten im Parlament erschwert mir vor allem
eine Wahrnehmung: Die Persönlichkeiten der jetzigen Mi-
nister sind so dünn, die deckende Scheibe, die sie bieten, ist so
durchsichtig, daß die Person des Monarchen immer hindurch-
scheint. .
Schlözer hätte ich bis auf die letzte Fleischfaser ver-
braucht. Als alter Junggeselle mit guten Weinen war er
wie gemacht für den Verkehr mit Kardinälen. Holstein hatte
noch von Petersburg was gegen ihn und hat ihn schließlich
auch meinem Sohne ein bischen verleidet. Bei mir war aber
da nichts auszurichten. Nun ist auch Schlözer weggebissen;
zu früh.
Sehen Sie, diese Bäume haben genau die gleichen
Lebensbedingungen und die gleiche Pflege — und doch: Wie
verschieden sind sie an Wuchs, Kraft und Saft! Und
da wollen die Sozialisten uns einreden, durch Gleichheit der
Lebensbedingungen beim Beginn des Kampfes ums Dasein