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Liman, betreffend Schlözers Entlassung, Kaiser
und Kaiserin Friedrich, der Papst über Bismarck,
eine Versailler Reminiszenz.“
Bismarck erzählte Liman die Geschichte der plötzlichen
Verabschiedung Schlözers: „Ohne jeden Anlaß ist ihm, der
allerdings in dem bösen Verdacht der Anhänglichkeit an mich
stand, durch Herrn von Marschall die Mitteilung geworden,
daß bei dem allgemeinen diplomatischen Revirement, das Graf
Caprivi vorhabe, auch der preußische Gesandtschaftsposten beim
Vatikan eine andere Besetzung zu gewärtigen habe.“
Schlözer: „Ich habe mein Abschiedsgesuch mit der Un-
zuträglichkeit der klimatischen Verhältnisse von Rom für meine
Gesundheit begründet, obwohl diese Entdeckung für mich, der
ich mich seit zehn Jahren in der italienischen Hauptstadt über-
aus wohlgefühlt hatte, ebenso wie für jeden Anderen völlie
neu und unerwartet war.“
Bismarck: „Früher wurden solche Dinge in ganz an-
derer Weise und mit der höchsten Rücksicht behandelt, ich
selbst würde meinen letzten Diener nicht in dieser Weise ent-
lassen.““)
Auf der Veranda setzten Bismarck und Schlözer in
Gegenwart Limans ihre Unterhaltung fort. Es wurde er-
wähnt, daß die Kaiserin Friedrich stets gewohnt war, wenn
sie von „unserem Gesandten“ oder „unseren Truppen“ sprach,
unter dieser Bezeichnung den Vertreter Englands und die
Truppen der Königin Viktoria zu verstehen. Biomarck rühmte
mit besonderer Dankbarkeit die stets sich gleichbleibende Höf-
lichkeit des Kaisers Friedrich, der selbst als Schwerkranker ihm
*) Liman: „Biemarck nach seiner Entlassung“, S. 226.
"“*) Auch nach dem Aufsatz „Bismarck und Schlözer“ von
Dr. Paul Curtius „Vossische Zeitung“ Nr. 259 vom 5. Juni
1910 nahm Bisemarck wiederholt Gelegenheit, die rücksichtslose,
dem Zentrum zu Liebe erfolgte Entlassung Schlözers mit den
schärfsten Ausdrücken zu belegen.