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stets entgegen gegangen sei und nicht eher sich niederließ, als bis
auch sein Kanzler Platz genommen hatte. „Er war einer der
liebenswürdigsten und edelsinnigsten Menschen, unterrichtet und
entschlossen, und er würde, wenn er länger gelebt hätte, die Welt
in Erstaunen gesetzt haben durch den Konservatismus seiner
Regierung. Die Herren vom Freisinn irren gar sehr, wenn
sie ihn als Gesinnungsgenossen nahmen, er wäre vielleicht der
reaktionärste unter allen Hohenzollern geworden. Er war von
seiner Sendung tief überzeugt. Nur von der Engländerei
war er etwas angesteckt. Als wir in den achtziger Jahren
einen Vertrag mit Rußland schlossen, wonach wir im Falle
eines englisch-russischen Konfliktes neutral blieben, erfuhr er
davon und kam eilig zu mir und fragte: Gegen England? —
Nein, für Deutschland. — Ja, weiß denn England davon?
Es muß doch davon wissen! — Ich bin dann zum alten Herrn
gegangen und habe es ihm mitgeteilt. Der schlug die Hände
über dem Kopf zusammen.“ Auch die Entlassung des Hof-
marschalls von Liebenau wurde erwähnt („Wären Sie mein
Minister, so würde ich Sie um Ihr Entlassungsgesuch bitten;
da Sie mein Hofmarschall sind, so erkläre ich, Sie sind ent-
lassen“).
Schlözer berichtete mit Genugtuung die Aeußerung, die
der Papst, verstimmt über die Unklarheit und Unsicherheit
in den Absichten des neuen Kurses, einst zu ihm getan hatte:
Mi manca Bismarck — mir fehlt Bismarck —, und mit leb-
hafter Ironie wurden auch die Gründe erörtert, aus denen Graf
Wedel in teilweise Ungnade fiel.
Von Versailles erzählte Bismarck: „Mit den französi-
schen Unterhändlern war auch als militärischer Sachverstän-
diger ein Graf, ich glaube er hieß Hautepoule, gekommen.
Ich ließ ihm Tee servieren. Als nun die Erregung etwas stieg,
goß er sich, ohne darauf acht zu geben, immer von neuem
Rum in die Tasse und trank ihn achtlos aus. Na, sein
Magen wird wohl ohnehin nicht sehr stark und an solche Ge-
nüsse nicht mehr recht gewöhnt gewesen sein, wenn man auf-