Full text: Also sprach Bismarck. Band III. 1888 - 1898. (3)

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kurzem huldigend nach Friedrichsruh gepilgert waren und da- 
mit auch der großen „alten Zeit“ gehuldigt hätten. Nach 
den neuesten Zeitungen schicke sich auch einer der alten Mit- 
arbeiter des Fürsten, der Geheime Oberregierungsrat von 
Rottenburg an, nach Friedrichsruh zu pilgern, obwohl dieser 
hohe Beamte bisher dem neuen Kurs gefolgt sei. 
Bismarck: „Ich glaube noch nicht eher an den Besuch 
dieses Herrn, als bis ich ihn hier vor mir sehe. Denm 
ein strebsamer Mann, der um seine Karriere besorgt ist, 
riskiert durch einen Besuch in Friedrichsruh zu viel. Ueber 
jeden Besuch, der hier oder in Varzin eintrifft, wird in 
Berlin Buch geführt. Glauben Sie ja nicht, daß die Ihrigen 
etwa dort unbekannt blieben.“ 
Blum: „Um so besser.“ Demnächst erwähnte derselbe 
die neuestens literarischen Erscheinungen zu Ehren Bismarcks, 
namentlich die von Heinrich von Poschinger. 
Bismarck: „Ja, Poschinger hat noch viel unbenütztes Ma- 
terial von früher her gesammelt. Aber die Archive hat ihm 
der neue Kurs weggenommen und verschlossen, selbst dem 
Professor Heinrich von Sybel ist das widerfahren! Die 
Herren haben ja nicht umhin gekonnt, mich in ihren Schriften 
einigermaßen zu loben. So mußte Poschinger z. B. den 
Plan aufgeben, sein Werk Bismarck als Volkswirt fortzu- 
setzen, was er tun wollte.“ 
Eingehender kam Bismarck demnächst auf das Unge- 
schick zu sprechen, welches der „neue Kurs“ namentlich auch 
bei seinen Verhandlungen mit den Parteien des Reichstags 
über die neue Militärvorlage') gezeigt habe. „Caprivi hätte 
*) Nach dem am 27. November 1894 erfolgten Ableben der 
Fürstin Bismarck schrieb Harden einen Artikel über dieselbe, 
worin er erzählte: „Vor anderthalb Jahren saß Bismarck in 
Friedrichsruh auf der Veranda. Es war der Tag der Wahlen 
im Reich. Die Fürstin trat heraus und sagte, sie sei so schrecklich 
aufgeregt; wenn nur erst eine Nachricht da wäre. „Liebes Kind,"
	        
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